Porträt zur OB-Wahl: Hans Mohrmann (AfD)

Familienmensch mit einem Herz für Kitsch: Hans Mohrmann in seiner Wohnung in Ober-Ramstadt. Foto: Andreas Kelm
© Andreas Kelm

"Umdenken - statt weiter so", lautet Hans Mohrmanns Motto im Wahlkampf. 13 Punkte umfasst das Programm des AfD-Kandidaten, drei davon beschäftigen sich mit dem Verkehr. Unter...

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DARMSTADT. Hans Mohrmanns Sofa ist rot, direkt darüber hängt ein Jesus-Bild. "Ich habe ein Herz für katholischen Kitsch", sagt der AfD-Oberbürgermeister-Kandidat. In Ober-Ramstadt wohnt er über dem Pfarrbüro, mit Blick auf die Liebfrauenkirche. Er singt dort im Chor, ist Küster und kümmert sich um den Garten.

Wenn er im Wohnzimmer sitzt und von seiner Frau, seinen beiden Töchtern und den fünf Enkeln erzählt, mag man kaum glauben, dass dieser Mann es geschafft hat, mit einem Facebook-Beitrag zur Abschaffung des Frauenwahlrechts 50 Prozent seiner potenziellen Wähler auf den nicht vorhandenen Schlips zu treten.

Auf die Frage nach dem warum, verweist er darauf, dass sein Beitrag, in dem er Frauen als Heulsusen bezeichnete, gar nicht für die Öffentlichkeit gedacht und satirisch überzeichnet war. Außerdem habe sich sein Post direkt an Hillary Clinton gerichtet, weil sie ihre Wahlniederlage nicht sofort eingestanden habe. "Das ist kein Zeichen von Stärke, das ist Heulsusigkeit - und das ärgert mich." Das Ganze habe sich unerfreulich entwickelt, auch seine Familie sei angefeindet worden. "Dabei bin ich gar nicht der Typ Trump, der locker Chauvi-Sprüche klopft." Er winkt müde ab. Seit 44 Jahren sei er jetzt mit seiner Frau zusammen, er trage sie auf Händen, serviere ihr jeden Morgen Frühstück, und seine Töchter hätten die beste Ausbildung, die man sich nur vorstellen könne. Er seufzt.

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"Umdenken - statt weiter so", lautet sein Motto im Wahlkampf. 13 Punkte umfasst sein Programm, drei davon beschäftigen sich mit dem Verkehr. Darmstadt sei für die bis zu 100.000 Pendler pro Tag nicht gerüstet. Mohrmann ist nicht für eine Umgehungsstraße, sondern für mehr Ringstraßen. Darmstadt brauche etwa eine Verbindung des Martin-Luther-King-Rings mit der Erbacher Straße und eine Verlängerung des Eifelrings bis zur Gräfenhäuser Straße. Und es brauche ein Regio-Tramsystem nach Kasseler Vorbild. Er hätte gerne, dass das Straßenbahnsystem zu einem Stadtbahnsystem umgebaut wird und bis ins Umland führt. In Kassel habe das System 100 Millionen Euro gekostet, in Darmstadt wäre der Aufwand höher und damit teurer. Woher das Geld nehmen, Herr Mohrmann? Die Finanzierung könnte über einen S-Bahn-Vertrag erfolgen, nach Frankfurter Vorbild: Land, Stadt und Umlandgemeinden müssten das Projekt gemeinsam finanziell stemmen. Außerdem würde er den Cityring gerne zurückbauen und die Innenstadt mit Alleen und Plätzen auflockern. Was es gar nicht braucht, ist die Lichtwiesenbahn. Die paar Meter von der Haltestelle zur Uni, die könnten die Studenten auch laufen.

Eine linke Position vertritt Mohrmann, wenn es um Flüchtlinge geht: Der Rechtsanwalt kümmert sich in seiner Darmstädter Kanzlei seit vielen Jahren vorwiegend um Flüchtlinge aus Afghanistan. Er versucht, sie vor der Abschiebung zu retten. Weil es in ihrem Heimatland nicht sicher genug ist. Und wie passt diese Haltung zur AfD? "Ich bin nicht der Einzige, der diese Position vertritt", sagt er dazu, und schiebt nach, dass er mit seinen Ansichten schon auch innerparteilich unter Druck stehe.

Für die grüne Stadtpolitik seines einstigen Parteikollegen Jochen Partsch hat er nur Kritik übrig. Mohrmann hatte 1997 sein Amt als Stadtrat niedergelegt und und war aus der Partei ausgetreten. Die Richtung, die die Grünen in den Neunzigern genommen haben, habe ihm nicht gefallen, erzählt er: Die Menschen würden für blöd verkauft.

Der AfD-Politiker findet es beispielsweise realitätsfern und absurd, dass die Grünen den Menschen 10.000 neue Wohnungen versprechen. Dabei gebe es weder den Raum, noch Bauflächen dafür. Und das müsse man den Menschen auch sagen, findet er. Für Mohrmann macht dies den "Mut zur Wahrheit" aus, der für ihn in der Kommunalpolitik an erster Stelle steht.