Porträt zur OB-Wahl: Christoph Hentzen (FDP)

Der OB-Kandidat für die FDP, Christoph Hentzen, auf der Couch in seinem Wohnzimmer in Eberstadt. Sein Ziel ist die Stichwahl. Foto: Andreas Kelm
© Andreas Kelm

"Vorlaut war ich schon immer", sagt Christoph Hentzen. Jetzt will der 57-Jährige Oberbürgermeister von Darmstadt werden. In der Stadt herrsche Verschwendungssucht, lägen...

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DARMSTADT. Vor der stattlichen Villa in Eberstadt springt das Eichhörnchen durch den Garten, vor der Tür stehen sechs Fahrräder. Christoph Hentzen öffnet, begrüßt mit festem Händedruck und lächelt. "Ja, wir sind Radfahrer", erklärt er den ansehnlichen Zweirad-Fuhrpark.

Hentzen trägt Anzug und Krawatte. Nach dem Termin mit dem ECHO geht es weiter nach Berlin. Dienstlich. Hentzen ist einer der Geschäftsführer der Deutschen Amphibolin-Werke in Ober-Ramstadt und hat in diesen Tagen viele Termine. Denn Hentzen möchte Darmstadts neuer Oberbürgermeister werden und geht für die FDP ins Rennen.

In der Bibliothek stehen vorwiegend Biografien: Die Clintons, Bismarck, Willy Brandt, Rockefeller, Genscher. Und Oskar Lafontaine. "Wenn ich mal zum Lesen komme, dann Biografien", sagt der Kandidat. Doch auch die Harry-Potter-Filme finden sich in den Regalen. Und "Wickie und die starken Männer".

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In Vallendar bei Koblenz kam Hentzen vor 57 Jahren zur Welt, wuchs dort auf. Er studierte in Saarbrücken und in Darmstadt Maschinenbau und Betriebswirtschaft, ist mit einer Lehrerin verheiratet und Vater von vier Kindern zwischen zwölf und zwanzig Jahren. Im Keller steht die Märklin-Eisenbahn. "Das Hobby, was ich mir mit meinen Söhnen teile". Papa Hentzen strahlt.

Zur FDP kam Christoph Hentzen 1982. "Otto Graf Lambsdorff hat mir ein Geburtstagsgeschenk gemacht, als nach seinem wirtschaftspolitischen Papier die sozialliberale Koalition zerbrach", erinnert sich der Kandidat. Er trat in die FDP ein, nachdem er zuvor bei der Jungen Union und in der CDU engagiert war. Dort war der junge Hentzen dem einstigen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel zu aufmüpfig ("Vorlaut war ich schon immer"). Vogel verhinderte die Wahl Hentzens in den CDU-Landesvorstand.

In der FDP ist Hentzen kein Flügelmann: "Wenn es um Bürgerrechte geht, bin ich ein Linksliberaler, in Wirtschaftfragen Marktliberaler", beschreibt er sich. "Ich bin die bürgerliche Mitte."

Kein gutes Haar lässt Hentzen an der Arbeit von Stadtkämmerer André Schellenberg (CDU). "Darmstadt hat bei sprudelnden Steuereinnahmen fast eine Milliarde Schulden, als Oberbürgermeister würde ich einem Kämmerer, der so was verantwortet, jeden Tag die Ohren lang ziehen." Vorlaut war er schon immer.

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In Darmstadt herrsche ohnehin Verschwendungssucht. Das "Luxus-Rathaus" sei so ein Beispiel. Doch das Rathaus-Projekt habe Grün-Schwarz doch auf Eis gelegt? "Trotzdem steht das Geld dafür noch bereit", entgegnet Hentzen. "In Darmstadt liegt viel Potenzial brach", fasst Hentzen seine Kritik zusammen. Warum er dann nicht bei den Kommunalwahlen auf einem der ersten Plätze auf der FDP-Liste kandidiert habe, um sich einzumischen? "Ich war noch zu wenig bekannt, um ausreichend Stimmen zu holen, das ändert sich jetzt", ist Hentzen sicher.

Im Wahlkampf erfahre er viel Zustimmung. "Dass die CDU nicht fähig war, einen Kandidaten zu präsentieren, ist peinlich und wird ihr von vielen Sympathisanten übel genommen. Und auch, dass mit Siebel und Pfeffer eigentlich zwei Sozialdemokraten zur Wahl stehen, finden SPD-Leute nicht lustig. Da sehe ich Potenzial."

Die Stichwahl ist sein Ziel. "Warum nicht?", gibt sich Hentzen selbstbewusst. "Im bayerischen Landshut ist inzwischen auch ein FDP-Mann Oberbürgermeister. Oder in Dresden. Also warum nicht auch in Darmstadt?"

An seinem ersten Arbeitstag würde sich der Oberbürgermeister Christoph Hentzen bei den städtischen Mitarbeitern vorstellen, eine Bestandsaufnahme machen ("Kassensturz") und sich mit den Darmstädter Uni-Präsidenten treffen. "Es muss mehr Begeisterung für die Naturwissenschaften schon in die Grundschulen", fordert Hentzen. Bildungsinhalte an Schulen? Eine Aufgabe des Landes, nicht der Job eines Oberbürgermeisters. Eigentlich. "Egal", sagt Christoph Hentzen. "In dieser Stadt liegen Potenziale brach, das müssen wir einfach angehen und da würde ich schon in der Grundschule anfangen. Darmstadt kann mehr - und ich bin der Motor!"

Von Frank Horneff