Vor zwei Wochen wurde eine Initiative gegründet. Ziel: Die Stadtverordneten sollen den Klimanotstand für Darmstadt ausrufen, dem dann wiederum konkrete Maßnahmen folgen sollen.
DARMSTADT. Es sieht aus wie eine Protestaktion: Als Friederike Frenzel (32) und Andreas Figur (51) zum Gespräch ins Darmstädter Martinsviertel kommen, stellen sich die beiden neben dem Eingang des Cafés auf, holen ein handgemaltes Plakat hervor und hängen es an die Hauswand. "Klimanotstand Darmstadt" heißt es dort in Großbuchstaben.
Demo vor dem Justus-Liebig-Haus
Das Schild, dass die Mitglieder der Bürgerinitiative "Klimanotstand Darmstadt" "in Kleinstarbeit", wie Frenzel lachend sagt, selbst gebastelt haben, war schon einige Tage zuvor zum Einsatz gekommen - als die vor gerade einmal zwei Wochen gegründete Gruppe erstmals öffentlich auf sich aufmerksam machte: Aus Protest gegen die städtische Klimapolitik und um für einen konsequenteren Umgang mit der Klimaproblematik zu demonstrieren, hatten sich beinahe 50 Teilnehmer am Dienstag vor den Eingang des Justus-Liebig-Hauses gelegt, in dem gerade die Stadtverordnetenversammlung tagte.
Der stumme Protest hat ein konkretes Ziel: Die Initiative fordert den Klimanotstand für Darmstadt, also einen Parlamentsbeschluss, mit dem die Stadtverordnetenversammlung feststellt, dass es eine menschengemachte globale Erwärmung gibt und dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, diese zu begrenzen. Mit dem Beschluss käme der Auftrag an die Stadtregierung, Maßnahmen auszuarbeiten, die versprechen, den Klimawandel aufzuhalten. In erster Linie, so erklärt es Andreas Figur, sei die Erklärung des Klimanotstandes also "eine politische Willensbekundung", aus der sich in einem zweiten Schritt konkrete Maßnahmen ergäben, um die Ziele des Klimagipfels von Paris zu erfüllen. Mit ihrer Forderung steht die Initiative nicht alleine: Im Jahr 2019 wurde er bereits von zwölf deutschen Stadtparlamenten ausgerufen.
Seit ihrem ersten Treffen arbeiten die Mitglieder daran, dies auch in Darmstadt zu erreichen. Eine Resolution benennt Ziele wie die Emissions-Nettonull bis 2035 sowie ein unabhängiges Bewertungsinstrumentarium für klimapolitische Fragen.
Auch die Fraktionen der Grünen und der CDU haben im Stadtparlament einen Antrag mit dem Titel "Höchste Priorität für Klimaschutz" vorbereitet, in dem Grundsätze für die städtische Klimapolitik formuliert sind. Der Bürgerinitiative "gehen die darin enthaltenen Punkte jedoch nicht weit genug. "Wenn man sich diesen Antrag durchliest, dann findet man diese 'höchste Priorität' unserer Meinung nach nicht wieder." Und für klimapolitische Kompromisse sei die Zeit längst vorbei. Eine Anfrage an die betreffenden Fraktionen, den zur Abstimmung geplanten Antrag zurückzuhalten und ein gemeinsames Papier zu erarbeiten, wurde laut Frenzel und Figur abgelehnt. Bei der daraufhin angesetzten Protestaktion vorm Justus-Liebig-Haus hätten sich aber diverse Stadtverordnete aufgeschlossen und gesprächsbereit gezeigt. Das macht den Beteiligten Hoffnung, bis zur nächsten Stadtverordnetenversammlung am 29. August doch noch an einem städtischen Klimapapier teilhaben zu können. Maßstab hierfür bleibe jedoch stets die in der Initiative erarbeitete Resolution.