Die Darmstädter Wandelkarte ist der erste nachhaltige Stadtplan in Darmstadt und führt zu 80 ausgewählten Orten. Reformhäuser, Cafés, Bio- und Hofläden sind genauso aufgeführt wie Tauschbörsen und Reparatur-Cafés. Sie soll Impulse geben - ohne erhobenen Zeigefinger.
Von Annette Wannemacher-Saal
Lokalredakteurin Darmstadt
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DARMSTADT - Sie passt in die Hosen- oder Einkaufstasche, ist kunterbunt und hält 80 Tipps bereit: die "Wandelkarte", der erste nachhaltige Stadtplan für Darmstadt. "Die Karte ist der Renner, wir müssen ständig Neue nachlegen", sagt Norbert Schneeweis, Geschäftsführer des Weltladens in der Elisabethenstraße.
Dort liegt das Faltblatt, das nachhaltig orientierte Orte in Darmstadt, Arheilgen und Eberstadt aufzählt, seit Anfang Oktober aus. Und die Kunden greifen zu - wie übrigens auch im Bürgerzentrum am Luisenplatz oder beim Ordnungsamt und an den Hochschulen, wo sie jeder Neubürger oder Student bei der Wohnsitzanmeldung in die Hand gedrückt bekommt.
"Wir wollten wissen, wie wir bei unserem Einkauf nachhaltig handeln können - und zwar ganz konkret hier in Darmstadt", sagt Maria Tech, hessische Fachpromotorin für Fairen Handel und nachhaltige Beschaffung. Sie hat das Projekt umgesetzt, das ihr und ihren aktiven Mitstreitern - darunter der Transition Town Initiative oder der Hochschulgruppe Nachhaltigkeit - schon lange ein Anliegen war.
Die Wandelkarte zeigt gebündelt 80 nachhaltig orientierte Orte in Darmstadt auf. Foto: Torsten Boor
Natürlich seien dabei Politik und Wirtschaft gefragt, "aber wir als Konsumenten haben auch selbst in der Hand, bewusst einzukaufen", so Tech. Denn was wir essen oder welche Kleidung wir tragen, wirke sich auf die gegenwärtige und zukünftige Generation aus.
Die übersichtliche Karte gibt Tipps in unterschiedlichen Kategorien: Die Palette reicht von fairen, regionalen und Bio-Lebensmitteln über faire Kleidung bis hin zu Kunsthandwerk, Baustoffen und Möbeln. Mit dabei sind auch Cafés und Restaurants, die Wert auf bio-faire Lebensmittel legen und Second-Hand-Geschäfte, aber auch Anlaufstellen fürs Teilen, Tauschen und Reparieren, wie etwa Reparaturwerkstätten und Bücherschränke.
WORAUF KANN ICH ACHTEN?
Fairer Handel: Der Faire Handel wendet sich gegen Ausbeutung und fördert menschenwürdige Arbeits- und Produktionsbedingungen. Beispiele für fair gehandelte Produkte sind Kaffee, Tee, Schokolade, Kunsthandwerk.
Biologischer Anbau: Bio-Lebensmittel oder Baumwolle werden in ökologischer Landwirtschaft erzeugt. Auf umweltschonende Produktionsmethoden und artgerechte Tierhaltung wird geachtet.
Nachhaltige Textilproduktion: Bei der Herstellung von Textilien sind sowohl Arbeitsbedingungen als auch umweltbezogene Aspekte wichtig.
Saisonalität: Ernährung ist saisonal, wenn Lebensmittel verwendet werden, die in der jeweiligen Jahreszeit in der eigenen Region wachsen und nicht importiert werden müssen. (net)
Die ersten 20 000 Karten sind schon bald weg
Die erste Auflage beträgt 20 000 Stück. "Die Nachfrage ist so groß, dass wir im neuen Jahr nachdrucken müssen", sagt Tech. Sie arbeitet zwei- bis dreimal wöchentlich im Weltladen in der Elisabethenstraße und ist Promoterin im "Entwicklungspolitischen Netzwerk Hessen". Ihr Ziel ist es, "globale Gerechtigkeit durch fairen Handel und verantwortlichen Einkauf zu fördern" - und ihre Überzeugung ist: "Jeder kann seinen Beitrag leisten". Jeder Einkauf habe Folgen: Umweltschäden oder Umweltschutz, Ausbeutung oder menschenunwürdige Arbeit? Jeder könne selbst entscheiden, wo er was konsumiert - und ob er nicht seinen Kühlschrank-Inhalt vor dem Urlaub an einer der beiden Foodsharing-Stellen an der TU oder der HDA abgeben wolle.
Die Karte lotst nicht nur zu Cafés und dem in Darmstadt immer stärker besuchten Unverpackt-Laden, sondern auch zu Bauernläden, Höfen, Wochenmärkten oder Lebensmittelgeschäften. Wo der Computer repariert werden kann, ist ebenso aufgeführt wie die Adresse von Fahrradwerkstätten. Und dass es in Darmstadt und Umgebung inzwischen zehn öffentliche Bücherschränke gibt, aus denen man sich bedienen kann, ist ebenso gut zu wissen wie der Hinweis auf Saison- oder Nachbarschaftsgärten.
Die Wandelkarte beschreibt nicht nur 80 Orte, sondern gibt auch Hinweise darauf, wo und wie man aktiv werden und sich engagieren kann. Eines ist der Initiatorin aber ganz wichtig. "Die Wandelkarte soll Impulse geben - aber ohne erhobenen Zeigefinger", sagt Maria Tech. "Es kann ja auch Spaß machen, bewusst zu konsumieren und zu teilen."