Für vier Jahre und neun Monate muss ein bereits mehrfach vorbestrafter Darmstädter ins Gefängnis. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der 46-Jährige den Sohn seiner...
DARMSTADT. Schwer atmend versucht der Angeklagte, das Urteil zu verdauen. Vier Jahre und neun Monate Gefängnis - mit diesem Strafmaß haben offenkundig weder er noch seine Verteidiger gerechnet. Keine Rede von einer Aussetzung zur Bewährung, die Anwältin Corinna Beer in ihrem Schlussplädoyer gefordert hatte. Der 46 Jahre alte Darmstädter, der seit vorigem Juni in Untersuchungshaft sitzt, wird so schnell nicht wieder in Freiheit kommen. Er hatte den Sohn seiner Ex-Lebensgefährtin in Kranichstein mit einem Teppichmesser attackiert und schwer verletzt.
"Um es klar zu sagen", erklärt der Vorsitzende Richter Marc Euler: "Das war eine schwerwiegende Straftat. Da gibt es nichts zu verniedlichen." Das 22 Jahre alte Opfer habe großes Glück gehabt, bei dem wuchtigen Hieb Richtung Kopf mit dem Messer nur eine klaffende Gesichtswunde davongetragen zu haben, die zudem gut verheilt sei.
"Aber diese Narbe sieht er jeden Tag im Spiegel", sagt der Richter. Das trage zur psychischen Belastung für den 22-Jährigen bei. Er leide noch heute unter Angststörungen und Panikattacken und befinde sich in therapeutischer Behandlung.
"Sie haben die Leute terrorisiert"
Euler spricht den Verurteilten in seiner Urteilsbegründung direkt an, nimmt ihn ins Gebet. Ausführlich befasst er sich mit der Vorgeschichte der Tat. Den 46-Jährigen verband eine mehrjährige Liebesbeziehung mit der Mutter des jungen Mannes. Beide lebten zusammen in einem Mietshaus in Kranichstein.
Als der Darmstädter immer eifersüchtiger über seine Lebensgefährtin wachte, dieser nachspionierte und sie schließlich sogar schlug, beendete die Frau das Verhältnis.
"Da haben Sie den großen Fehler gemacht, in alte Gewohnheiten zurückzufallen, haben Zuflucht im Alkohol gesucht und sich zunehmend aggressiv verhalten", sagt Euler zum Angeklagten. Binnen weniger Tage habe er die Frau mehrmals gewaltsam misshandelt, ihr dabei das Nasenbein gebrochen. "Sie haben die Leute terrorisiert. Alkoholisiert sind Sie völlig unberechenbar." Der Richter sieht darin ein "eingeschliffenes Verhalten" des Verurteilten, das diesem eigentlich vertraut sein müsse: Immerhin stehen für ihn elf Vorstrafen zu Buche, darunter einige wegen Gewalttätigkeit unter Alkohol. "Sie haben keine Erkenntnisse daraus gezogen, es gibt keine Lernentwicklung. Da muss man sich fragen: Wie oft denn noch?"
Haft und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Obwohl dem 46-Jährigen jeder Kontakt zu seiner Ex-Lebensgefährtin gerichtlich untersagt worden war, hatte er immer wieder versucht, sie in ihrer Wohnung aufzusuchen. Zuletzt wartete er am 7. Juni im Kranichsteiner Hausflur, bewaffnet mit dem Teppichmesser - "um Widerstand zu brechen", wie er selbst in seinem Geständnis einräumte. Als der junge Mann kam und den 46-Jährigen wegschicken wollte, holte dieser wortlos zum Schlag mit dem Messer aus.
Das Gericht ordnet neben der Haftstrafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, um dem Mann die Chance zu geben, den Kreislauf von Alkoholkonsum und aggressivem Verhalten zu durchbrechen. Wenn der Verurteilte dabei gut mitwirke, bestehe die Chance, die Haftdauer zu halbieren.
Mit dem Strafmaß entspricht das Landgericht dem Antrag von Oberstaatsanwalt Robert Hartmann. Verteidigerin Beer nennt dies "viel zu hoch gegriffen"; 22 Monate auf Bewährung seien ausreichend. Sie sei sich sicher, dass ihr Mandant künftig ein Leben ohne Straftaten führen werde. Ob sie gegen das Urteil Revision einlege, müsse sie noch prüfen, sagt sie nach der Verkündung.