Nach Asbestfund: Proteste an der Martin-Behaim-Schule in Darmstadt
Im Berufsschulzentrum Nord ist es am Donnerstagmorgen zu Protesten von Schülern und Lehrern gekommen. An der Martin-Behaim-Schule wurden durch den städtischen Eigenbetrieb Immobilienmanagement sieben Räume gesperrt, da dort schwach gebundener Asbest entdeckt wurde.
Von Frank Horneff
Lokalredakteur Darmstadt
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DARMSTADT - Im Berufsschulzentrum Nord ist es am Donnerstagmorgen zu Protesten von Schülern und Lehrern gekommen. An der Martin-Behaim-Schule wurden durch den städtischen Eigenbetrieb Immobilienmanagement (IDA) sieben Räume gesperrt. Am Boden eines Lüftungskanals wurde nach Angaben des Immobilienmanagements nach Öffnung einer Brandschutzklappe Dichtungsmaterial aus schwach gebundenem Asbest festgestellt.
Am Morgen hatten Lehrer und Schüler das Gebäude im Berufsschulzentrum Nord verlassen und den Unterricht teilweise nach draußen verlegt. Das Lehrerkollegium der rund 2000 Schüler starken Berufsschule kam zu einer Personalversammlung zusammen.
Hier gab es heftige Kritik am Schulträger, der Stadt Darmstadt. "Seit Jahren geht es hier nicht voran, es ist ein Skandal, wie die Stadt mit dem Berufsschulzentrum umgeht", schimpfte eine Lehrerin. "Vielleicht hat es diese Situation gebraucht, dass im Schuldezernat und beim Immobilienmanagement endlich damit begonnen wird, die überfällige Sanierung anzuggehen - und das möglichst mit einem klaren Konzept", hieß es von einem Lehrer.
Im Berufsschulzentrum Nord ist es am Donnerstagmorgen zu Protesten von Schülern und Lehrern gekommen. Foto: André Hirtz
Hintergrund ist die seit Jahren diskutierte Sanierung des Berufsschulzentrums, die nach Angaben der Stadt im Sommer 2018 beginnen soll.
Die Personalversammlung der Behaim-Schule sprach sich am Donnerstag dagegen aus, die Sanierungsarbeiten bei laufendem Betrieb vorzunehmen. "Das ist weder den Schülern noch uns Lehrern zuzumuten", so die einhellige Auffassung in der Versammlung.
Das Unterrichtsangebot soll auch in den kommenden Tagen aufrechterhalten werden, "sofern der Schulträger Stadt Darmstadt in der Lage ist, Räume bereitzustellen, von denen keine Gesundheitsgefahr ausgeht", sagte Lehrerin Jutta Kirsch als Vertreterin des Personalrates dem ECHO. "Wir werden am Freitag zur Schule gehen und sehen, was passiert."
Im Berufsschulzentrum Nord ist es am Donnerstagmorgen zu Protesten von Schülern und Lehrern gekommen. Foto: André Hirtz
Eine Personalversammlung sprach sich gegen eine geplante Sanierung des Berufsschulzentrums bei laufendem Betrieb aus. Foto: André Hirtz
Der Unterricht wurde teilweise nach außen verlagert. Foto: André Hirtz
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Draußen vor der Schule machten derweil die Berufsschüler ihrem Ärger Luft: "Wir sehen hier seit mehreren Jahren Menschen an der Schule herumschrauben, die wie Imker eingekleidet sind und Schutzmasken tragen", erzählte Schüler Jeanette Cutino (24). "Uns Schüler setzt man aber offensichtlich einer Gesundheitsgefahr aus, wie sich jetzt zeigt".
Die Schülerin, die zudem an Asthma leidet, steht kurz vor wichtigen Prüfungen. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht, und fordern von der Stadt ordentliche Räume, die unsere Gesundheit nicht gefährden, denn die ist hier in Gefahr!"
Darmstadts Schuldezernent, Bürgermeister Rafael Reißer (CDU) zeigte sich am Nachmittag im Gespräch mit dem ECHO zuversichtlich, nach Abschluss der eingeleiteten Raumluftmessungen "im Laufe des kommenden Montags endgültige Klarheit über die Höhe einer möglichen Schadstoffbelastung" zu haben.
"Bis dahin läuft unser Krisenmanagement und das läuft gut", sagte Reißer. Das städtische Schulamt sei bereits "in intensiven Gesprächen", um für alternative Räume zu sorgen, "damit der Unterricht geregelt über die Bühne gehen kann". Der Schuldezernent: "Bei Bauten aus dieser Zeit kommen Schadstoffe nun mal vor". Reißer kündigte erneut an, die Arbeiten bei laufendem Schulbetrieb vorzunehmen: "Und zwar bestens abgestimmt mit den jeweiligen Schulleitungen" versprach Reißer.
==Schulausschuss tagt vor Ort==
Der städtische Ausschuss für Bildung und Schule tagt am kommenden Dienstag, 29. August, ab 17.30 Uhr in der Martin-Behaim-Schule. Auch die Zukunft des Berufsschulzentrum Nord ist Thema dieser Sitzung.
"Wir sollten dort für eine ordentliche Präsenz von Schülern und Lehrern sorgen, um den verantwortlichen Stadtpolitikern deutlich zu machen, dass es hier so nicht mehr weitergeht", rief am Donnerstag eine Lehrerin der Behaim-Schule zum Protest auf. Die Sitzung des Schulausschusses ist öffentlich.
==Kommentar: Höchste Zeit==
Von Frank Horneff
Am Dienstag gehen auch für die Darmstädter Bildungspolitiker aus dem städtischen Schulausschuss die Ferien zu Ende. Es ist davon auszugehen, dass es gleich in der ersten Sitzung ans Eingemachte geht, falls die Opposition einigermaßen wach aus der Sommerpause kommt. Dass wenige Tage zuvor just am Sitzungsort, in der maroden Martin-Behaim-Schule, offensichtlich Asbest gefunden wurde, hat jetzt Lehrer und Schüler gemeinsam auf den Plan gerufen und zu Protesten geführt.
Das ist gut so, denn das ewige Hin und Her der Stadt bei der Zukunftsplanung für das Berufsschulzentrum Nord muss jetzt ein Ende haben. Schüler und Lehrer sehen ihre Gesundheit in Gefahr, während sich der Schuldezernent unaufgeregt gibt und das eigene Krisenmanagement lobt. Zuversicht zu verbreiten und auf ein entspanntes "Wird schon werden" zu setzen, reicht ab sofort nicht mehr. Schüler und Lehrer haben nach vielen Jahren der Unklarheiten und vagen Ankündigungen der kommunalen Bildungspolitiker aller Farben Anspruch auf konkrete und vor allem überzeugende Pläne. Schon wieder eine große Baustelle. Und erneut gilt: Reißer muss liefern. Auch hier.
Die Bauarbeiten sollen dann nach dreieinhalb Jahren abgeschlossen sein: "2021 ist ein sportliches Ziel, aber machbar", gab sich der Schuldezernent zuversichtlich. Weniger konkret ist derzeit die Kostenschätzung. Reißer rechnet aktuell weiter mit Gesamtkosten von rund 70 Millionen Euro. Aber: "Die Baubranche boomt, da sind wir mit Kostenschätzungen vorsichtig", baut Reißer möglichem Ungemach durch Kostensteigerungen vor.