Mit dem Rad durchs dunkle Viertel

aus 75 Jahre Darmstädter Echo

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Michael Allers ist seit fünf Jahren bei der VRM als Springer tätig. Foto: Guido Schiek

Rund 1000 Träger kümmern sich in Südhessen um die Zustellung von Zeitungen und Wochenblättern.

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Darmstadt. Vor Kurzem gab es den ersten Nachtfrost in Darmstadt, es ist kalt und sternenklar. Gegen vier Uhr parkt Michael Allers sein Auto am südlichen Ende der Martinstraße, hebt sein Fahrrad aus dem Kofferraum und bepackt die beiden Satteltaschen und seinen Korb vorne am Lenker mit Zeitungen. Zwei Bezirke wird der Zusteller, der seit rund fünf Jahren bei der VRM als Springer beschäftigt ist, an diesem kalten Novembermorgen zwischen circa 4 und 6.30 Uhr beliefern: Richtung Orangerie im Westen und in die andere Richtung. Die Heag-Zentrale ist der südöstlichste Punkt der Tour, dort wird er gleich ein halbes Dutzend Zeitungen beim Pförtnerhäuschen abliefern. Allers ist flott mit seinem Rad unterwegs. Hoch konzentriert steckt er mal eine, mal zwei Zeitungen in den Briefkasten oder ins Zeitungsrohr. Insgesamt wird er an dem Morgen rund 270 gedruckte Ausgaben im Steinbergviertel und östlichen Bessungen verteilen. Ein Kunde bekommt donnerstags sogar vier Zeitungen geliefert. „Das ist der Rekordhalter“, sagt der Griesheimer. Und so verschwinden neben dem Darmstädter Echo noch die „Neue Zürcher Zeitung“, die „Zeit“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in dem Briefkasten der Villa.

Fotos: Guido Schiek
Fotos: Guido Schiek
Fotos: Guido Schiek
Fotos: Guido Schiek
Fotos: Guido Schiek
Fotos: Guido Schiek

Rund 60.000 Tageszeitungen an einem Wochentag

„Ich mag den Job“, sagt Allers. „Es ist eine schöne ruhige Stimmung so früh am Morgen, da kann ich gut meinen Gedanken nachhängen.“ Als Springer hat er immer andere Bezirke im Plan. Mal ist er eine, mal zwei Wochen als Vertretung von Kollegen eingeteilt, die wegen Urlaub oder Krankheit ausfallen. „Ich finde die Abwechslung klasse, so habe ich ganz viele Ecken kennengelernt.“ Folglich kennt er sich nicht nur in der Heimstättensiedlung, im Komponisten-, Woogs-, Johannes- oder Martinsviertel aus. „Ich bin bis nach Mörfelden unterwegs, gerne auch bis ins Ried oder in den Odenwald.“ Da fährt der junge Mann dann auch mal raus bis ins Mossautal, steckt Zeitungen in Güttersbach oder Hüttenthal. Michael Allers ist einer der Stammträger beim ECHO. Einer der ganz zuverlässigen, wie Bernd Atorf betont. Er muss es wissen, denn als Leiter der Südhessischen Logistik Service GmbH ist er für die Logistik der Echo-Zeitungen verantwortlich. Atorf und seine rund 25 Mitarbeiter sorgen dafür, dass in Südhessen an sechs Tagen in der Woche das ECHO zur richtigen Zeit am richtigen Ort ihre Empfänger erreicht. Hinzu kommen Zeitungen anderer Verlage wie die FAZ oder tagsüber die Verteilung der unterschiedlichen südhessischen Wochenblätter. Ohne die Zusteller läuft nichts. An einem Wochentag stellen sie rund 60.000 Tageszeitungen zu. Diese wurden ihnen entweder nach Hause geliefert oder sie holen sie an zentralen Plätzen wie Tankstellen oder Bushaltestellen ab. Die Tageszeitungen werden von rund 500 Zustellern verteilt, weitere 500 kümmern sich um die Anzeigenblätter. Während diese in allen Haushalten gesteckt werden, bekommen die Zeitungsträger ihre jeweiligen Routen mit den entsprechenden festen Empfängern zugeteilt.

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Arbeiten mit der Taschenlampe in der dunklen Jahreszeit

Manche Zusteller sind seit Jahrzehnten dabei, sagt Bernd Atorf. „Es gibt richtige Zustellerfamilien“, so der Betriebswirt. Sie „vererben“ ihren Bezirk an jüngere Familienmitglieder weiter, wenn sie aussteigen. „Wir haben Mitarbeiter, die seit 40 Jahren dabei sind“, sagt er. Doch das sei mittlerweile die Ausnahme. „Es wird zunehmend schwieriger, zuverlässige Zusteller zu finden.“ Die Fluktuation nehme in den vergangenen Jahren zu – nicht jedem gefalle es auf Dauer, an sechs Tagen in der Woche zwischen 2 und 6.30 Uhr unterwegs zu sein. Mal fahren die Zusteller Auto, mal Moped. Manche gehen zu Fuß, manche sind mit dem Rad unterwegs wie Michael Allers. Mit dabei hat er in der dunklen Jahreszeit immer eine Taschenlampe, mit der er mal seine Liste checkt, mal an einem Mehrfamilienhaus die Briefkästen sichtet. Im Steinbergviertel packt er die Lampe kaum aus, die Route hat er ebenso im Kopf wie die Ausgabe, die in den Briefkasten kommt. Je nach Viertel hat er neben dem ECHO auch ganz unterschiedliche Zeitungen im Gepäck. Im Martinsviertel sei auch gerne mal die „Rundschau“ oder die „TAZ“ dabei, im Komponisten- oder Paulusviertel eher die „FAZ“ oder die „Süddeutsche“. Natürlich kennt Allers kaum einen der Empfänger persönlich. „Die meisten schlafen ja noch, wenn die Zeitung kommt.“ Doch manchmal trifft er auch einen Frühaufsteher oder einen Nachtschwärmer. Dann bekommt Allers neben einem netten Gruß auch noch gezeigt, wo die Venus am Sternenhimmel steht. „Das sind dann besonders schöne Momente.“