Mehrheit für Grundsteuer-Erhöhung in Darmstadt steht auf der Kippe
Nach ersten Reaktionen der anderen Fraktionen erscheint es zweifelhaft, ob im Darmstädter Stadtparlament eine Mehrheit für die vom Magistrat geplanten Steuererhöhungen zustande kommt. Die Wählervereinigung Uffbasse, die Grün-Schwarz in Haushaltsfragen üblicherweise unterstützt, erklärte am Mittwoch auf Anfrage, sie werde einer Anhebung der Grundsteuer keinesfalls zustimmen.
Von Daniel Baczyk und Patrick Körber
Alle anderen Fraktionen außer der Koalition im Darmstädter Stadtparlament lehnen eine Erhöhung der Grundsteuer ab. Symbolfoto: CC-Verlag
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DARMSTADT - Auf tönernen Füßen stehen die Pläne der grün-schwarzen Rathauskoalition in Darmstadt zur Schließung des 52-Millionen-Lochs im Haushalt 2017. Nach ersten Reaktionen der anderen Fraktionen erscheint es zweifelhaft, ob im Stadtparlament eine Mehrheit für die vom Magistrat angekündigten Steuererhöhungen zustande kommt.
Die Wählervereinigung Uffbasse, die Grün-Schwarz in Haushaltsfragen üblicherweise unterstützt, erklärte am Mittwoch auf Anfrage, sie werde einer Anhebung der Grundsteuer keinesfalls zustimmen. Die Koalition hat im Parlament keine eigene Mehrheit. Mit Uffbasse besteht eine Kooperationsvereinbarung. Auch alle anderen Fraktionen kündigten an, eine Grundsteuer-Erhöhung in der Stadtverordnetenversammlung abzulehnen.
"Wir werden bei der Grundsteuer definitiv nicht mitgehen", sagte die Uffbasse-Fraktionsvorsitzende Kerstin Lau am Mittwoch. Auch ihr Fraktionskollege Jürgen Barth, der sonst zuweilen als Einziger mit der Koalition stimmt, will die Erhöhung ablehnen.
ES IST MERCK
Die Firma Merck hat auf Anfrage nicht bestritten, dass das 52-Millionen-Loch im städtischen Haushalt zu einem guten Teil auf geschmälerte Gewerbesteuerzahlungen des Konzerns zurückgehen. Merck erklärte, man habe die Stadt Ende März über die Situation informiert. (jon)
Die Koalition plant, die Grundsteuer A und B um jeweils 21,5 Prozent anzuheben. Auch der Gewerbesteuer-Hebesatz soll steigen: um 6,8 Prozent von 425 auf 454 Punkte.
Die Gewerbesteuer werde von Uffbasse ebenfalls kritisch gesehen, erklärte Lau; dazu sei die Meinungsbildung aber noch nicht abgeschlossen. Sie sprach sich gegen weitere Sparmaßnahmen im Ergebnishaushalt aus: "Die Stadt ist mittlerweile ziemlich ausgeblutet." Verzichtbar seien jedoch Großinvestitionen wie Landesgartenschau, Lichtwiesenbahn und Weltkulturerbe-Bewerbung.
Diese drei Großprojekte werden auch von Vertretern mehrerer anderer Fraktionen genannt, wenn es um Einsparmöglichkeiten geht.
"Wir werden der Erhöhung der Grundsteuer B auf gar keinen Fall zustimmen", erklärte SPD-Fraktionssprecher Michael Siebel. "Das ohnehin schon hohe Mietniveau wird dadurch nochmal verschärft. Das ist nicht hinnehmbar." Die SPD habe im Gegenteil schon mehrfach die Senkung der Grundsteuer B beantragt.
"Das trifft nur die kleinen Leute, eine Unverschämtheit", sagte Jes Peter Nissen (Uwiga) über eine Grundsteuer-Erhöhung. Auch Vertreter von Linkspartei und AfD lehnten diesen Schritt ab. "Es macht doch keinen Sinn", sagte FDP-Fraktionschef Sven Beißwenger, "den sozialen Wohnungsbau zu fördern, auch für mittlere Einkommen, und dann andererseits das Wohnen zu verteuern."
Die städtische Sozialverwaltung bestätigte auf Anfrage, dass mit erhöhten Wohnnebenkosten durch die Grundsteuer-Anhebung auch die Wohngeldzahlungen der Stadt an sozial schwache Mieter steigen. Die Mehrausgaben könnten aber noch nicht beziffert werden.
Kämmerer André Schellenberg hält indes eine Grundsteuer-Erhöhung für unumgänglich. Als Schutzschirmkommune sei Darmstadt vertraglich verpflichtet, die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, wenn der Haushalt nicht ausgeglichen sei. Der CDU-Politiker geht zudem davon aus, dass Großprojekte gestrichen werden müssen, um den Nachtragsetat genehmigt zu bekommen. Auch Gebührenerhöhungen, etwa bei Kitas, schließt er im ECHO-Interview nicht aus.