Das Hessische Landessozialgericht steuert auf ein unerfreuliches Jubiläum zu: Im November wird es fünf Jahre her sein, dass der bislang letzte Gerichtspräsident Harald Klein...
DARMSTADT. Das Hessische Landessozialgericht steuert auf ein unerfreuliches Jubiläum zu: Im November wird es fünf Jahre her sein, dass der bislang letzte Gerichtspräsident Harald Klein mit seinem 65. Geburtstag in den Ruhestand ging. Die Stelle ist seither unbesetzt. Die Chancen stehen schlecht, dass sich an diesem Zustand in den nächsten Monaten etwas ändert.
Nach zwei aus formalen Gründen gescheiterten Bewerbungsverfahren für das Präsidentenamt ist die Stelle nach Angaben des Justizministeriums am 1. August 2016 im Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen neu ausgeschrieben worden. Fünf Personen bewarben sich; eine Bewerbung wurde später zurückgenommen.
Für neue Verzögerungen sorgt nach Angaben von Ministeriumssprecher René Brosius die Regelung, dass dienstliche Beurteilungen nach einem Jahr verfallen. In einigen Fällen seien jedoch die Beurteiler bereits in Pension gegangen. Für eine Neubewertung der Kandidaten müssten Akten gewälzt und ihre Verhandlungsführung beobachtet werden. Dies koste viel Zeit, sei aber unumgänglich, um die Beurteilungen juristisch wasserdicht zu machen. Gegen eine aus Sicht der Bewerber unbefriedigende Beurteilung gebe es wiederum ein Klagerecht.
Für zwei Bewerber liegen inzwischen gültige dienstliche Beurteilungen vor, zwei weitere stehen noch aus.
Die Besetzung der Präsidentenstelle werde seitens des Justizministeriums mit Nachdruck verfolgt, betont Brosius. Die Vorhersage eines Zeitpunkts für die Neubesetzung sei jedoch nicht möglich.
Immerhin ist die Sozialgerichtsbarkeit nach den juristischen Turbulenzen rund um die mit heißer Nadel gestrickten Hartz-Reformen, die ab 2004 für einen starken Anstieg der Streitfallzahlen gesorgt hatten, wieder in ruhigeres Fahrwasser gekommen. Handwerkliche Fehler in den Gesetzestexten wurden repariert, offene Fragen in einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen geklärt.
Nach einem Spitzenwert der Fallzahlen im Jahr 2011 – damals verzeichneten die hessischen Sozialgerichte mehr als 26 000 Eingänge – ging das jährliche Aufkommen auf Werte um 23 000 Verfahren zurück. Im Jahr 2016 wurden genau 23 289 neue Klage- und Eilverfahren gezählt, das sind 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr.
„Die Zahlen haben sich auf einem hohen Niveau stabilisiert“, erklärte Jürgen de Felice am Mittwoch, als er in seiner Eigenschaft als Vizepräsident zum fünften Mal die Jahresbilanz der hessischen Sozialgerichtsbarkeit präsentierte.
Erfahrene Richter abgegeben
Mit Bedauern wies de Felice darauf hin, dass die Zahl der erledigten Fälle an den Sozialgerichten im vorigen Jahr um 1150 auf 22 036 gesunken war. Dies liege auch daran, dass man erfahrene Richter an die Verwaltungsgerichte abgegeben habe, um dort beim Abtragen des Bergs an Asylverfahren zu helfen. Die Zahl der Richterplanstellen an den sieben hessischen Sozialgerichten blieb jedoch konstant bei 77.
Auch beim Landessozialgericht als zweiter Instanz, das seinen Sitz am Steubenplatz in Darmstadt hat, sind die Fallzahlen zurückgegangen: 2117 Eingänge gab es 2016. Dagegen wurden mit 2235 etwas mehr Verfahren erledigt als im Vorjahr. Rund ein Drittel der Fälle betraf die Grundsicherung („Hartz IV“).