Eine Corona-Umfrage von Gewerkschaften und der Initiative „Darmstadt unbefristet“ bestätigt die Problematik. Arbeitnehmervertreter fordern feste Stellen.
DARMSTADT. (ine). Die Belastung der Beschäftigten an Hessens Hochschulen ist im Zuge der Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Das dokumentiert eine Befragung von mehr als 3000 Hochschulmitarbeitern, die die Gewerkschaften Verdi und GEW gemeinsam mit der Initiative „Darmstadt unbefristet“ gemacht haben.
Wie es in einer Mitteilung der Gewerkschaften heißt, gaben 60 Prozent der Befragten an, ihr Arbeitsstress habe seit Beginn der Pandemie zugenommen. Von den wissenschaftlichen Mitarbeitern berichteten mehr als drei Viertel von einem wachsendem Arbeitsaufwand in der Lehre. Im Bereich der Sekretariate und der Technik sei der Arbeitsaufwand demnach um 72 Prozent gestiegen.
„Mit der Corona-Pandemie hat sich die Belastung an den Hochschulen noch einmal deutlich erhöht«, sagt der Physiker Johannes Reinhard von „Darmstadt unbefristet“. Er betont dabei besonders die Problematik befristeter Arbeitsverträge: „Befristet Beschäftigte sind in allen Bereichen stärker betroffen. Sie arbeiten häufiger abends und an Wochenenden, kommen öfter krank zur Arbeit und klagen stärker darüber, ständig erreichbar sein zu müssen“.
Bereits vor einem Jahr hatte die Initiative, die seit 2019 gegen ein Ende der im Universitäts- und Hochschulbetrieb verbreiteten Praxis der Reihung befristeter Beschäftigung kämpft, aufgrund der Corona-Pandemie gefordert, die befristeten Verträge an der Technischen Universität (TU) automatisch um ein Semester zu verlängern. „92 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter und fast 17 Prozent der Administrativ-Technischen Mitarbeiter sind befristet angestellt“, hieß es damals in einem offenen Brief an das Präsidium, der von gut 80 Betroffenen unterzeichnet worden war.
Die Gewerkschaften weisen darauf hin, dass die Bundesregierung es durch eine Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ermöglicht hat, befristete Verträge wegen der Pandemie um zwölf Monate über den bisherigen Höchstrahmen hinaus zu verlängern. „Doch es gibt keinen verbindlichen Anspruch, Verlängerungen müssen einzeln beantragt und begründet werden“, kritisiert Reinhard, der sich auch als Sprecher der Verdi-Vertrauensleute an der TU Darmstadt engagiert. „Wir fordern, dass allen befristet Beschäftigten eine Verlängerung ihrer Verträge angeboten wird. Das ist doch wohl das Mindeste.“
Die Soziologin Ricarda Kramer verweist darauf, dass Beschäftigte mit befristeten Verträgen auch unabhängig von der aktuellen Situation unter großem Druck stehen. So geben 80 Prozent von ihnen an, sich sehr häufig oder oft Sorgen um die eigene berufliche Zukunft zu machen. Von diesen Befragten fühlen sich wiederum 80 Prozent davon eher stark belastet. „Die permanente Unsicherheit bedeutet einen enormen psychischen Druck, der potenziell krank macht“, betont Kramer. „Wir brauchen an den Hochschulen und Universitäten dringend mehr unbefristete Stellen.“