Das Darmstädter Bündnis „Community for All“ demonstriert vor der JVA Eberstadt. Dort sind mindestens sechs Menschen in Abschiebehaft, die nach Pakistan gebracht werden sollen.
DARMSTADT. Es ist 5.30 Uhr, als es am Montagmorgen vor einer Woche laut an einer Zimmertür in einer Flüchtlingsunterkunft in Egelsbach klopft. „Es klang auch so, als hätte man auch gegen die Tür getreten“, schildert der Zimmernachbar im Gespräch mit dieser Zeitung. Als der 33 Jahre alte Bewohner, ein Asylbewerber aus Pakistan, seine Tür öffnet, wollen Polizeibeamte seinen Ausweis sehen. Sie erklären ihm, dass er abgeschoben werden wird. Zur Zeit ist der Mann, der laut Mitbewohner zuletzt als Fleischverpacker normal gearbeitet hat, in der Abschiebehaft der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Eberstadt.
Weswegen der Zimmernachbar am Sonntag zusammen mit rund 50 anderen vor der JVA gegen die befürchtete Abschiebung protestierte. Organisiert wurde diese „Knastbeben“ genannte Demonstration vom Darmstädter Bündnis „Community for All“ und der pakistanischen Community, weil aufgefallen war, dass mindestens sechs Menschen in Südhessen in Abschiebehaft sind und nach Pakistan gebracht werden sollen.
Verstärkt mit Lautsprechern versicherten Sprecher auf Deutsch und Urdu den JVA-Insassen, dass man alles unternehme, um die Abschiebungen noch zu verhindern. Sie gaben auch Telefonnummern in beiden Sprachen durch, über die Betroffene Hilfe bekommen sollen. Von einzelnen Zellenfenstern hört man Gefangene, die etwas zurückrufen.
Die 24 Jahre alte Samina Ilyas ist aus Dietzenbach nach Darmstadt gekommen. „Mein Ehemann Sulemann Ahmed wurde am 29. Januar in der Ausländerbehörde in Dietzenbach verhaftet“, sagt sie. „Er wollte sein Visum verlängern.“ Dabei sei ihm bei der letzten Anhörung zugesichert worden, dass wenn er seinen Asylantrag zurücknimmt, er ein Visum im Rahmen der Familienzusammenführung erhalte, schildert Samina Ilyas, die Deutsche ist. Aber am 30. Januar sei richterlich beschlossen worden, dass ihr Mann, der als Lagerist arbeitet, und einen A1-Deutschkurs mit 97 Prozent bestanden hat, am 4. Februar abgeschoben wird, so die junge Frau. Laut Gericht sei die Ehe mit ihrem 29-jährigen Mann ungültig, sagt sie. Hat aber einen Brief der Stadt Dietzenbach aus dem September 2018 in dem die Ehe anerkannt wird.
Samina Ilyas‘ Bruder Shumail Ilyas berichtet, dass der Gerichtstermin nur wenige Minuten gedauert habe, und der Anwalt seines Schwagers dabei nichts gesagt haben soll.
Kritik an der Arbeit vieler Rechtsanwälte
Das ist etwas, das „Community for All“-Mitstreiterin Dorothea Köhler öfters hört. „Es gibt leider viele Anwälte, die schlecht arbeiten“, ärgert sie sich und verweist stattdessen auf den Hannoveraner Rechtsanwalt Peter Fahlbusch. Der Anwalt, der 2019 von Pro Asyl mit dem Pro-Asyl-Menschenrechtspreis geehrt wurde, hat seit 2001 über 1800 Mandanten betreut, die in Abschiebehaft saßen. Fahlbusch zufolge waren rund 50 Prozent dieser Mandanten zu Unrecht in Abschiebehaft.
Auf Pro Asyl und den Hessischen Flüchtlingsrat hoffen jetzt auch Dorothea Köhler, „Community for All“ und die Angehörigen. „Die Organisationen sind eingeschaltet und versuchen nächste Woche einzelne rauszuholen“, sagt Dorothea Köhler.