Der neue Mietspiegel, den das Stadtparlament am Donnerstag zu beschließen hatte, sorgte für eine kontroverse Debatte über die Mietensituation in Darmstadt. So fragte der...
DARMSTADT. Der neue Mietspiegel, den das Stadtparlament am Donnerstag zu beschließen hatte, sorgte für eine kontroverse Debatte über die Mietensituation in Darmstadt. So fragte der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Siebel, warum die städtische Bauverein AG keine Mietpreisdeckelung ins Auge fasse. Immerhin habe das Land Hessen eine solche Deckelung bei Wohnungen der Nassauischen Heimstätte beschlossen. Wie der neue Mietspiegel ausweist, der alle vier Jahre neu erstellt wird, sind die Mieten in der Wissenschaftsstadt im Vergleich zu 2014 um 8,89 Prozent gestiegen. Erfasst werden allerdings nur Neuvermietungen von frei finanzierten Wohnungen der vergangenen vier Jahre.
Dem Ansinnen von Siebel entgegnete der CDU-Stadtverordnete Ctirad Kotoucek, der auch Aufsichtsratsvorsitzender des Bauvereins ist, dass die Durchschnittsmiete der städtischen Wohnungsgesellschaft im Schnitt nur 6,33 Euro pro Quadratmeter betrage. Als Argument gegen eine Dämpfung der Mietpreisentwicklung meinte er: „Wir müssen auch ein bisschen Geld verdienen.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Hildegard Förster-Heldmann sprach von einer städtischen Tochter, die ein Garant für Bestandshaltung sei. Sie halte in Rücksprache mit dem Bauverein eine Deckelung von Mieterhöhungen nicht für notwendig. Auch der CDU-Stadtverordnete Lutz Achenbach, der beruflich die Kommunikation für den Eigentümerverband Haus & Grund macht, sprach sich gegen eine Deckelung bei frei finanzierten Wohnungen aus. „Der beste Schutz der Mieter ist die Vermehrung des Angebots.“ Man müsse die Kraft für Investitionen lassen.
Unterschiedlich waren die Einschätzungen, wie sehr der Mietspiegel als Regulativ von Mieterhöhungen taugt. „Der Mietspiegel verhindert das Steigen der Mieten nicht“, meinte etwa Jürgen Barth von Uffbasse. Stattdessen sei er eine Anleitung zur Erhöhung der Mieten. Dazu sagte Sozialdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne), dass der Mietspiegel auch ein regulierendes Instrument sei. Denn er bilde Vergleichsmieten ab, die bei drohenden Mieterhöhungen herangezogen werden. Sie räumte aber auch ein, dass es sinnvoller sei, einen Mietspiegel zu erstellen, der rückblickend die vergangenen zehn Jahre erfasst. „Wir können aber die Parameter zur Erstellung eines Mietspiegels nicht ändern“, wies Akdeniz auf die Gesetzlage hin. Dennoch verabschiedete das Parlament gegen die Stimmen von Uffbasse den neuen Mietspiegel, der am heutigen Freitag in einer Pressekonferenz vorgestellt wird.
Kein leichtes Spiel hatte Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) in seiner Funktion als Kulturdezernent, das ganze Stadtparlament für den Ankauf einer Jugendstilsammlung zu begeistern. Es geht im Wesentlichen um den Nachlass von Christian Heinrich Kleukens, einem zentralen Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie. Für 600 000 Euro sollen Bücher, Entwürfe oder Lettern aus einer privaten Sammlung gekauft werden. Die SPD-Kulturpolitikerin Dagmar Metzger monierte: „Ich habe keine Ahnung, wie der Preis zustande kommt“, und forderte daher ein Wertgutachten. Ihr sei auch nicht klar, wie groß die Sammlung sei. Frank Sabais von der FDP waren 600 000 Euro zuviel dafür, „dass die Sammlung in den Schubladen verschwindet“. Martina Hübscher-Paul von den Linken sei nicht gegen Kunstankäufe, aber der Peis sei intransparent.
„Da muss man kerngesund sein“, kommentierte die CDU-Stadtverordnete Karin Wolff die Debatte. Es wäre töricht, wenn Darmstadt die Sammlung nicht erwerbe. Es sei keine Sammlung für die Schublade. Es sei nur nicht sinnvoll, die Sammlung als Ganzes auszustellen.
Kulturverwaltung hat Preis ausgehandelt
Der Oberbürgermeister legte dar, dass er dem Urteil des Direktors des Instituts Mathildenhöhe, Dr. Philipp Gutbrod, voll vertraue, dass die Sammlung für Darmstadt unglaublich bedeutend ist. Seine Kulturverwaltung habe natürlich beim Preis verhandelt. „Es ist finanzierbar. Es wäre eine Schande, wenn wir das weggeben würden.“ Georg Hang von Uffbasse sah „keinen Sachzwang“, 600 000 Euro auszugeben. Mit den Stimmen von Grünen, Uwiga, FDP und AfD wurde der Ankauf, der sich aus den Einnahmen des Museumsshops, einer Spende von 100 000 Euro von Hans-Joachim Sander und einem Zuschuss der Hessischen Kulturstiftung gegenfinanzieren soll, beschlossen.
Von Patrick Körber