Mit einer Klage gegen die Stadt Darmstadt will der Verein "Wegerecht" mehr Raum für Fußgänger gewinnen. Die Stadt duldet das Gehweg-Parken bisher an vielen Stellen, solange...
DARMSTADT. Mit einer Klage gegen die Stadt Darmstadt will der hiesige Verein "Wegerecht" mehr Straßenraum für Fußgänger gewinnen. Die Beobachtung der Aktivisten: Durch Gehweg-Parker bleibt oft zu wenig Platz für Eltern mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder radelnde Kleinkinder plus Begleitung - besonders wenn sich diese auf dem Weg entgegenkommen. Die Stadt duldet das Gehweg-Parken bisher an vielen Stellen. Wegerecht-Sprecher Stephan Voeth sagt: "Diese Verkehrsanordnung der Stadt greifen wir jetzt an."
Der Verein versteht sich als Lobby für Radler und Fußgänger, er zählt nach eigenen Angaben "zehn bis zwölf Aktive" sowie einen "großen Unterstützerkreis". Über das Problem sei man seit Langem im Gespräch mit der Stadt, sagt Sprecher Voeth. "Wir hoffen auf eine baldige Klärung." Doch parallel bereite man eine Klage vor, die bis zum Jahresende vorliegen könne.
Auch Rollstuhlfahrer sollen sich begegnen können
Der Ansatz der Fußgänger-Vertreter: "Die reine Gehwegbreite muss künftig 1,80 Meter betragen." So könnten auch Rollstuhlfahrer aneinander vorbeikommen. Voeth beruft sich auf eine bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung. Dort heißt es: "Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den ungehinderten Verkehr von Fußgängern bleibt" - "gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern". Allein: Bindend ist dese Vorschrift nicht. Jede Kommune hat Ermessensspielraum.
In Frankfurt beispielsweise achtet das Ordnungsamt bei seinen Kontrollen darauf, dass parkende Autofahrer noch einen Freiraum von mindestens 1,50 Meter für Fußgänger übriglassen. Im Vergleich mit anderen hessischen Städten, sagt Aktivist Voeth, "ist Darmstadt das Schlusslicht". Nach Angaben des Vereins orientiere man sich hier an einer Restbreite von 1,30 Meter. Die Stadt widerspricht dieser Darstellung.
Ordnungsdezernent Rafael Reißer (CDU) erklärte auf Anfrage, dass es unstrittig sei, "dass eine ausreichende Fläche für Fußgänger auch mit Kinderwagen oder radfahrende Kinder vorhanden sein muss". Wie viel "ausreichend" ist, das ist aber nicht genau definiert. Aber eine Anweisung, "bei Restgehwegbreiten von mindestens 1,30 Meter nicht tätig zu werden, gibt es bei der Kommunalpolizei nicht."
Ob es zu eng wird für Fußgänger, das haben die Mitarbeiter des Ordnungsamts nach "pflichtgemäßem Ermessen" zu entscheiden. Entscheidend seien Punkte wie das Fußgängeraufkommen, die Gehwegbreite, Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und Altenheime in der unmittelbaren Umgebung. Nach Reißers Ansicht müssen Autofahrer nicht grundsätzlich von den Fußwegen ferngehalten werden. Das "nicht behindernde Gehwegparken" werde durch die kommunalen Kontrolleure nicht geahndet - "nicht zuletzt aufgrund des hohen Parkdrucks".
Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) ist auf ähnlichem Kurs. Er hatte gegenüber dem Verein vor der OB-Wahl 2017 erklärt, man müsse mit Augenmaß an die Sache herangehen. Dort, wo Parken auf der Straße möglich ist, ohne dass Feuerwehr oder Rettungsdienste behindert werden, "muss man selbstverständlich auch Gehwegparken ahnden", so der OB.
Für den "Wegerecht"-Verein ist seither zu wenig passiert. Er strebt nun eine Einzelfall-Klage an, sagt Sprecher Stephan Voeth. Die beziehe sich nicht aufs ganze Stadtgebiet, sondern auf eine der regelmäßig betroffenen Straßen.
Er nennt als mögliche Beispiele die Saalbaustraße in der Innenstadt, die Roßdörfer Straße im Woogsviertel, die Liebigstraße im Johannesviertel und die Hermannstraße nahe der Mornewegschule, wo täglich Schulkinder und Eltern von den parkenden Autofahrern bedrängt würden. "Es gibt eigentlich kaum einen Stadtteil, wo wir das nicht erleben."
Habe die Klage Erfolg, könnte man das Urteil auch bei Folgeklagen zu weiteren Verkehrspunkten in Darmstadt anwenden. Mit einem schnellen Erfolg rechnen die Aktivisten nicht. Bis das Darmstädter Verwaltungsgericht entscheide, "kann es gut zwei Jahre werden", sagt der Sprecher.