Wohlfahrtsverbände in Hessen sind nicht nur eine stabilisierende Kraft in der Gesellschaft, sondern auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber: Zu diesem Ergebnis...
DARMSTADT. Wohlfahrtsverbände in Hessen sind nicht nur eine stabilisierende Kraft in der Gesellschaft, sondern auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber: Zu diesem Ergebnis kommt die Sozialwirtschaftsstudie, die die Liga der Freien Wohlfahrtspflege gestern im Rahmen der hessenweiten Liga-Aktionswoche „Wir sind Gesellschaft“ im „Café Nimmersatt“ der Baff-Frauen-Kooperation gGmbH in Eberstadt-Süd vorgestellt hat.
Hessenweit mehr als 7300 Einrichtungen
Ziel der erstmalig beim Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik beauftragten Untersuchung war, „das Gewicht der Sozialwirtschaft darzustellen“, erläuterte Annette Wippermann, Referentin für Arbeitsmarkt beim Paritätischen Hessen. Das sei gelungen. „Oft werden wir nur als reiner Kostenfaktor wahrgenommen.“ Aber viel mehr gelte: „Wir sind gesellschaftspolitisch, sozialpolitisch und ökonomisch ein wichtiger Faktor.“
Die sechs großen zur Liga gehörenden Wohlfahrtsverbände betrieben hessenweit mehr als 7300 Einrichtungen mit rund 113000 Mitarbeitern sowie geschätzten 160 000 Ehrenamtlichen. Angebote der Jugend- und der Behindertenhilfe machten dabei den größten Anteil aus. Nimmt man privat-gewerbliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime dazu, arbeiteten in der gesamten hessischen Sozialwirtschaft 260 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Jeder Zehnte in Hessen sei in diesem Bereich tätig, Tendenz steigend.
„Da könnte Opel von träumen“, gab Wippermann zu bedenken. Die Vorsitzende des Arbeitskreises Arbeitsmarktpolitik verwies etwa auf Wachstumszahlen aus der Studie, wonach die preisbereinigte Bruttowertschöpfung der Sozialwirtschaft seit 2008 kontinuierlich gestiegen sei und mit mehr als 13 Milliarden Euro dreimal höher liege als im Maschinenbau.
Am Beispiel eines Schuldnerberatungsangebots der Caritas in Frankfurt machte die Referentin zudem deutlich, welche Wirkungen Investitionen im Sozialen haben können: Laut der Studie erbringe jeder investierte Euro einen monetären Wirkungseffekt von 6,60 Euro für die Ratsuchenden, aber auch die öffentliche Hand. Allerdings räumte sie ein, dass die hier angewandte Berechnungsmethode nicht unumstritten und in der Einrichtung mit einem Anteil von weit mehr als der Hälfte ehrenamtlicher Mitarbeiter kein typisches Beispiel sei.
Auch ein gutes Einsatzfeld für geflüchtete Frauen
„Wir werden nicht als Arbeitgeber ernst genommen“, so die Referentin und sprach noch einen Punkt an: Bei dem Beschäftigungsprogramm „Wirtschaft integriert“ für Flüchtlinge würden nur Handwerkerberufe angeboten. Das liege auch daran, dass sie stets mit dem Sozialministerium und nicht auch mit dem Wirtschaftsministerium verhandelten. Dabei wäre die Sozialwirtschaft ein gutes Einsatzfeld gerade auch für geflüchtete Frauen.
„So ist es, das ist mir jetzt erst richtig aufgefallen“, sagt Darmstadts Sozialdezernentin Barbara Akdeniz: „Das ist ein wichtiger Impuls.“ Sie unterstrich zudem, dass die Wohlfahrtsverbände nicht nur Dienstleister und Arbeitgeber, sondern auch eine politische Größe seien, die wichtige Impulse in die Politik bringe.