„Ich hatte Todesangst“

In die Vorratskammer der gemeinsamen Wohnung soll ein 39-jähriger Mainzer im März 2018 seine damalige Lebensgefährtin eingesperrt und danach versucht haben, sie mit...

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MÖRFELDEN-WALLDORF/DARMSTADT. In die Vorratskammer der gemeinsamen Wohnung soll ein 39-jähriger Mainzer im März 2018 seine damalige Lebensgefährtin eingesperrt und danach versucht haben, sie mit Feuerzeugbenzin anzuzünden. Seit Dienstag muss er sich deshalb vor dem Landgericht Darmstadt verantworten, allerdings nicht wegen versuchten Mordes, sondern „nur“ wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung. Was sich damals in der Mörfelder Feldstraße abspielte, klang in den Schilderungen des 28-jährigen Opfers trotzdem mehr als dramatisch.

Einen Tag zuvor hatte sich die junge Frau von ihrem Partner getrennt, mit dem sie fast zwei Jahre lang eine Beziehung geführt hatte. Der Bundeswehrsoldat, der beim Kampfmittelräumdienst auch zwei Auslandseinsätze absolvierte, hatte für sie Frau und Kinder verlassen, lebt inzwischen aber wieder mit seiner Familie zusammen. Niemals sei er bis dahin laut oder gar handgreiflich geworden, es habe allenfalls einmal normale Streitgespräche gegeben.

Bereits unmittelbar nach der Trennung schlug er allerdings so heftig gegen eine Säule, dass er sich die Hand brach. Als seine Lebensgefährtin tags darauf das Futter für ihren Hund aus der kleinen Kammer neben der Küche holen wollte, verschloss er die Tür und verlangte die PIN-Nummer ihres Handys.

Offenbar vermutete er einen Nebenbuhler und entgegnete auf die Weigerung seiner Freundin: „Das ist die falsche Antwort“, und: „Du weißt gar nicht, wie lange ich heute auf diesen Moment gewartet habe.“ Anschließend goss er Feuerzeugbenzin, das vorher, ebenso wie der Schlüssel, in der Kammer gelegen hatte, durch das Schlüsselloch und unter der Tür hindurch und zündete es an.

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Die Flammen verloschen jedoch nach kurzer Zeit wieder. Indem sie eine Pressspanplatte herausbrach, konnte sich die Frau befreien. Er hielt ihr jedoch ein Brotmesser an den Hals und riss das Telefonkabel aus der Wand. Auch als sie ins Treppenhaus flüchtete, setzte er ihr nach, drohte „Ich bringe dich um“ und verletzte sie mit dem Messer an der Hüfte.

„Er hat richtig zugestochen, traf aber hauptsächlich meinen Gürtel“, berichtete die Frau. Erst nachdem Nachbarn aufmerksam geworden seien, sei er weggerannt und mit ihrem Auto verschwunden. Zuvor habe er auch ihre Kleidung mit Benzin bespritzt und anzuzünden versucht. „Ich hatte Todesangst und habe nur noch reagiert“, schilderte die 28-jährige. Anschließend litt sie noch wochenlang unter Angstzuständen. Eine weitaus größere Menge an Grillanzünder, die sich ebenfalls in der Vorratskammer befand, ließ der Angeklagte allerdings unangetastet

„Das alles tut mir wirklich leid. Es hört sich jetzt saublöd an, aber ich wollte sie an dem Abend eigentlich zurückgewinnen“, entschuldigte er sich vor Gericht. Der Prozess wird am Donnerstag, 6. Juni, fortgesetzt.

Von Jan Wünscher