Die geplante Sanierung des Platanenhains auf der Darmstädter Mathildenhöhe, bei der nach einem Gutachten des Bielefelder Landschaftsarchitekten Eike Ehrig mehr als 100 der 184 Bäume so geschädigt sind, dass sie durch Neupflanzungen ersetzt werden müssten, hat zahlreiche Reaktionen in der Bürgerschaft hervorgerufen. Die Stadt betont in einer neuen Stellungnahme, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei.
Von Harald Pleines
Am Platanenhain auf der Mathildenhöhe sollen 100 Platanen gefällt werden. Foto: André Hirtz
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DARMSTADT - Die geplante Sanierung des Platanenhains auf der Mathildenhöhe, bei der nach einem Gutachten des Bielefelder Landschaftsarchitekten Eike Ehrig mehr als 100 der 184 Bäume so geschädigt sind, dass sie durch Neupflanzungen ersetzt werden müssten, hat zahlreiche Reaktionen in der Bürgerschaft hervorgerufen. Die Stadt betont in einer neuen Stellungnahme, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei. Ehrig war im Zusammenhang mit der Weltkulturerbe-Bewerbung mit der Ausarbeitung eines Parkpflegewerks für die Mathildenhöhe beauftragt worden.
Der Darmstädter Landschaftsgärtner Roland Guby bezeichnet die von Baudezernentin Barbara Boczek (Grüne) angekündigte Fällung der Platanen und Ersetzung mit Neupflanzungen sowie den großflächigen Ersatz des verdichteten Bodens als "Frevel und Sünde". Er sei schon als Kind von seiner Mutter vor 40 Jahren im Kinderwagen durch den Hain gefahren worden, begründete er seine emotionale Beziehung zu dem Ort. In der Tat seien - anders als am Rand des Hains - vor allem die Platanen in der Mitte des Platzes geschädigt. Der Stamm sehe oft noch gut aus, nur der Austrieb nicht. Während es am Rand durchschnittlich etwa 1,50 Meter seien, seien es in der Mitte allenfalls 30 bis 40 Zentimeter.
Ehrig macht in seinem Gutachten vor allem die durch übermäßige Nutzung für Veranstaltungen hervorgerufene Verdichtung des Bodens - Bessunger Kies - für die Schädigung der Bäume verantwortlich und empfiehlt, vor allem schwere Fahrzeuge und Aufbauten wie Bühnen oder Hütten aus dem Hain zu verbannen.
Guby weist darauf hin, dass bisherige Ersatzpflanzungen nicht sehr erfolgreich gewesen seien: "Die jungen Pinsel leiden genau so wie die alten Bäume." Er empfiehlt vor einer großflächigen Sanierung - so soll nach bisherigen Vorstellungen der Stadt der gesamte Boden ausgetauscht und der neue Grund mit Drainagen und Beluftungsrohren durchsetzt werden - weitere Experten heranzuziehen.
Erfolgreich könnte seines Erachtens zum Beispiel der Einsatz eines Terra-Lifts sein. Diese Maschine, so erläutert der Fachmann, kann neben dem Stamm geschädigter Bäume zwei Meter tiefe Löcher bohren, Pressluft einleiten und damit den verdichteten Untergrund aufsprengen. Fülle man den gelockerten Boden mit Styropor-Kügelchen oder Bläh-Ton auf, wie er aus Hydrokulturen bekannt sei, und dünge regelmäßig, dann würden die geschädigten Bäume in zwei Jahren wieder wie gesunde Platanen aussehen. So käme man gegenüber den von Dezernentin Boczek geschätzten Sanierungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro mit der Hälfte aus.
Auch in Sozialen Medien bewegte der drohende Kahlschlag die Menschen. Auf Facebook gab es zeitweise mehr als 40 Beiträge und Kommentare zu dem Thema. So hieß es in einem Post: "Bei so einem exponierten Objekt ist es halt keine gute Idee, einfach alles platt zu machen, da ist der Ärger vorprogrammiert."
In einem Beitrag wurden ebenfalls wesentlich geringere Sanierungskosten (327.250 Euro) vorgerechnet. Andere Nutzer wollten wissen, ob die Stadt nicht auch wie Privatleute an die Baumsatzung gebunden sei und wo eigentlich die Opposition im Stadtparlament bleibe. In etlichen Posts wurde grundsätzlich gefragt, warum es in französischen Innenstädten viel genutzte Boule-Plätze gebe, ohne dass dort Platanen ersetzt werden müssten. Der städtische Denkmalbeirat nahm sich ebenfalls der Thematik an. Auf Nachfrage zu der nichtöffentlichen Sitzung teilte Boczek knapp schriftlich mit, dort habe Doris Fath als Leiterin des Grünflächenamts die Inhalte des Gutachtens zum Platanenhain von Ehrig erläutert "und stand den Mitgliedern des Denkmalbeirates für Fragen zur Verfügung". Aus Kreisen des Gremiums verlautete, es sei ein sehr fruchtbares Gespräch gewesen.
Anders als in ihrer ersten schriftlichen Stellungnahme, in der sie schon über eingeplante Haushaltsmittel und einem Zeitplan geschrieben hatte, teilte die Baudezernentin nun mit: "Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen ist und den politischen/parlamentarischen Gremien zu gegebener Zeit eine Magistratsvorlage zur Thematik ,Sanierung Platanenhain' zur Entscheidung vorgelegt werden wird."