Nächstes Jahr sollen nach einem Umbau in der Justizvollzugsanstalt Darmstadt bis zu 50 Plätze für ausreisepflichtige Ausländer entstehen. Islamistische Gefährder ohne...
DARMSTADT. Im kommenden Jahr soll die Justizvollzugsanstalt (JVA) im Stadtteil Eberstadt um ein Abschiebegefängnis ergänzt werden. Dafür muss die Landesregierung erst ein eigenes Gesetz erlassen, das laut Innenministerium ebenfalls nächstes Jahr in Kraft treten soll. Allerdings muss dieses Abschiebegefängnis streng vom Trakt der Strafgefangenen getrennt werden, das sehe die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vor, so der stellvertretende Pressesprecher des hessischen Innenministeriums, Marcus Gerngroß. Vorgesehen ist daher der Bereich des offenen Vollzugs in der JVA Eberstadt mit einer Kapazität von bis zu 50 Insassen. Dafür sei ein Umbau notwendig.
Über die Kosten und Baubeginn konnte Gerngroß noch nichts sagen. Der Ministeriumssprecher konnte am Freitag auch nicht beantworten, ob dort nur Männer oder auch Frauen und Kinder in Gewahrsam genommen werden.
Eine Erweiterung der Kapazitäten sei möglich, aber nicht geplant, so Gerngroß. In der JVA Eberstadt (Fritz-Bauer-Haus) sind Kleinkriminelle inhaftiert, die bis zu zwei Jahren absitzen.
In der Abschiebehaft sollen künftig "ausreisepflichtige Ausländer untergebracht werden, die versuchen, sich ihrer Abschiebung zu entziehen", berichtet das Innenministerium. Einziger Zweck der Abschiebungshaft sei die Sicherung der Ausreise. Auch wenn die Einrichtung gesichert werde, würden den betroffenen Personen andere Freiheiten gewährt als Straf- oder Untersuchungsgefangenen. So dürften sich die Betroffenen innerhalb der Einrichtung frei bewegen und auch eigene Kleidung tragen. Abschiebungshäftlinge könnten ebenso Post empfangen und versenden, Besuch erhalten sowie Internet und Telefon nutzen. Untergebrachte würden durch Sozialarbeiter betreut. Eine unabhängige Haftberatung durch anerkannte Organisationen werde sichergestellt. Laut dem stellvertretenden Pressesprecher werden dort keine Ausreisepflichtigen auf unbestimmte Zeit festgehalten, sondern nur wenige Tage bis Wochen.
Neun Personen auf Veranlassung hessischer Ausländerbehörden in Abschiebungshaft
"Um die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme von Flüchtlingen zu erhalten, müssen wir dafür Sorge tragen, dass Ausreisepflichtige unser Land auch wieder verlassen. Wenn Betroffene unsere Angebote für eine freiwillige Rückkehr nicht annehmen, ist die Abschiebung die rechtsstaatlich gebotene Konsequenz", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). Zurzeit nutzen hessische Ausländerbehörden zur Unterbringung Ausreisepflichtiger vornehmlich die Abschiebungshaftanstalt im rheinland-pfälzischen Ingelheim. Das soll künftig durch ein eigenes Abschiebegefängnis in Darmstadt-Eberstadt nicht mehr nötig sein.
Aktuell befänden sich neun Personen auf Veranlassung hessischer Ausländerbehörden in Abschiebungshaft. Im laufenden Jahr seien bis Ende August 153 Personen inhaftiert worden. 2016 saßen 208 Abschiebungshäftlinge aus Hessen in einer entsprechenden Einrichtung. Andere Standorte als Darmstadt seien aus Kapazitätsgründen oder wegen zeitintensiver Sanierungsarbeiten nicht infrage gekommen, so das Ministerium.
Islamistische Gefährder ohne deutsche Staatsangehörigkeit "werden weder aktuell noch künftig in Abschiebungshaftanstalten untergebracht", so der Innenminister.
"Die Diskussion über sichere Herkunftsländer muss sehr sorgfältig und unter Berücksichtigung humanitärer Bewertungen geführt werden. Abschiebungen nach Afghanistan sind aus meiner Sicht zurzeit nicht zu rechtfertigen", sagt Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne). Eine Abschiebehaftanstalt sei "ein Ort, an dem als Ultima Ratio die Regeln der deutschen Asyl- und Abschiebeverfahren durchgesetzt werden". Die Entscheidung des Landes Hessen sei nachvollziehbar. Partsch sei vor einer Woche vom hessischen Innenminister informiert worden.
Von Patrick Körber