Ein Netz von "Lern- und Genusswegen" soll künftig durch Darmstadt führen. Beim Start der ersten Darmstädter "Klima-Aktionstage" am Donnerstag wird die Idee vorgestellt.
Von Thomas Wolff
Lokalredakteur Darmstadt
Die Betonwüste lebt: Aktivist Dieter Krellmann will den Anwohnergarten am Staatstheater noch weiter ausbauen.
(Foto: Andreas Kelm)
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DARMSTADT - Wo sich in der Innenstadt "Hitze-Inseln" bilden, haben die Bewohner in den vergangenen Wochen zu spüren bekommen. Aber es gibt auch "Klima-Inseln" zum Luftholen - viele davon hat die Initiative "Essbares Darmstadt" identifiziert und will sie jetzt bekannter machen. Ein Netz von "Lern- und Genusswegen" soll die Inseln erschließen. Beim Start der ersten Darmstädter "Klima-Aktionstage" am Donnerstag wird die Idee vorgestellt - und der erste begehbare Weg. Institutionen wie der EAD, der Bauverein, das Staatstheater, Kirchengemeinden und viele Privatleute unterstützen das ambitionierte Projekt.
Dass Priska Hinz, die Hessische Umweltministerin, die Aktionstage heute in der "Datterich-Klause" eröffnet, einem eher weniger repräsentativen Kneipen-Idyll am Bahnhofsvorplatz, hat seinen Grund. Die Klause dient als Treffpunkt grüner Aktivisten. Auch "Essbares Darmstadt" ist hier aktiv, und hier beginnt auch das Netz der "Lern- und Genusswege". Die Klause selbst, die jahrelang leer stand und nun mit Beeten, Gewächshaus und viel Grün einlädt, ist selbst eine "Klima-Insel" geworden und damit beispielhaft für viele andere, sagt Dieter Krellmann, Mitanreger des grünen Wegnetzes. Der neue "Klausenweg" erklärt den Besuchern jetzt die Hintergründe - und soll anregen, eigene Wege in diese Richtung zu gehen.
"Man verbindet 'Klima' meist mit Atmosphäre, Klimawandel, dem Stadtklima mit seiner sommerlichen Überhitzung in den Straßenfluchten oder des ausbleibenden winterlichen Schnees", erklärt Krellmann. "Klima'" beschreibe aber auch "eine Stimmung an einem bestimmten Ort und deren Auswirkungen auf einen jeden Einzelnen. Der Begriff 'Klimainsel' kann auf viele Orte angewendet werden - vom Rathaus über Schulen bis zu Gärten und vielen Orten mehr." Vor allem geht es um Orte, die den Bürgern Raum für vielfältige Blühpflanzen bieten - und damit auch angenehmeres Klima. Viele davon hat die Initiative kartiert und als Stationen der "Lern- und Genusswege" ausgewiesen.
KLIMA-AKTIONSTAGE BIS 9. SEPTEMBER
Die Hessische Umweltministerin Priska Hinz eröffnet die "Klima- und Umweltaktionstage" am Donnerstag um 16.45 Uhr in der "Datterich-Klause" am Hauptbahnhof. Bis 9. September gibt es an vielen Orten der Stadt Veranstaltungen. Am Samstag, 8. September, gibt es ab 11 Uhr rings um die Centralstation sowie auf dem Luisenplatz Infostände und Kurzvorträge, eine Kochshow und kulinarische Angebote. Eröffnung durch Oberbürgermeister Jochen Partsch um 11 Uhr, es folgt eine Gesprächsrunde zu nachhaltiger Ernährung. Alle Termine auf www.darmstadt.de. (two)
Beispiel "Kulturweg": Die etwa 3,5 Kilometer lange Strecke reicht vom neuen "Anwohnergarten" am Staatstheater über den Gemeindegarten an der Kuppelkirche St. Ludwig (der im Frühjahr erneuert wird) über den Herrngarten und den Mollerplatz (auch in der Grünplanung) bis zum Rhönring. Der ist nicht gerade als grüne Oase bekannt. Aber Bauverein und Grünaktivisten seien im Gespräch, sagt Krellmann, um die Anwohner für mehr Biodiversität in den Vorgärten zu gewinnen. Das sei überhaupt das Wichtigste: "Wir geben nur Anregungen, die Leute müssen es selbst in die Hand nehmen." Am Theater, Startpunkt des "Kulturwegs", funktioniert das sichtbar gut.
Auf einer bisher versiegelten Terrasse an der Südseite des Theaterbaus haben Nachbarn vom Sandweg und Bühnenbildner vom Theater Hochbeete gebaut, Pflanzkübel aufgestellt, eine Online-Firma spendete die Pflanzen. Jetzt sprießen hier Pfefferminze und Prunkwinde, wachsen Birnen- und Pflaumenbäume, schwirren Bienen und Hummeln durch die urbane Botanik. Das kann noch grüner werden, sagen die Ideengeber. Anregungen für eine vielfältige Dachgarten-Landschaft liegen dem Theater vor. Im Frühjahr soll schon mal der "Shakespeare-Garten" angelegt werden, rund 250 Quadratmeter, ebenfalls an der Sandstraße.
Ortsgeschichte soll wieder erfahrbar werden
Die Wege, die die Initiatoren vorzeichnen, sind vielfältig. Ein "Kranichweg" führt vom Kompostwerk des EAD bis zum Internationalen Garten, der von einem Verein gepflegt wird. Ein "Mühlenweg" führt zu vergessenen Standorten Darmstädter Mühlen. So soll auch Ortsgeschichte wieder erfahrbar werden, sagt Krellmann. "Viele Schätze der Stadt schlummern im Verborgenen, in dem Wegenetz werden sie begehbar und mit allen Sinnen wahrnehmbar."