Gärten als Pufferzone zu Bessunger Kiesgruben erhalten
Die Gartenfreunde „Hinter der Rennbahn“ sorgen sich um die Zukunft ihrer Grünflächen. Doch die Stadt gibt Entwarnung.
Von Annette Wannemacher-Saal
Lokalredakteurin Darmstadt
Sie wollen ihre Schrebergärten „Hinter der Rennbahn“ nahe der Bessunger Kiesgrube behalten: Martin Brühl (links) und Frank Schindler von der Interessengemeinschaft Bessunger Kiesgrube (IBK) bei der Blaukrauternte.
(Foto: Andreas Kelm)
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DARMSTADT - An dem sonnigen Herbsttag sitzt es sich ganz wunderbar in der Gartenlaube von Martin Brühl. Sein Grundstück zählt zu der Gartenkolonie „Hinter der Rennbahn“, das an das Naturschutzgebiet Bessunger Kiesgrube angrenzt. Dort pflanzen etwa 20 Schrebergärtner auf einem rund ein Hektar großen Grundstück seit Jahrzehnten Gemüse an, suchen Ruhe – und beobachten Tiere.
„Das ist nicht nur eine Idylle, sondern auch ein Rückzugsort für viele Arten“, sagt Brühl, dessen Familie schon seit 1972 einen Garten in der Anlage gepachtet hat. Akribisch dokumentiert er, was er in seinem Garten alles zu sehen bekommt und zeigt Aufnahmen von Mauereidechsen, Libellen, Lurchen, Igeln, Blindschleichen, Ringelnattern, Erdkröten, Zaunkönig und Taubenschwänzchen.
Diesen Rückzugsort sehen die Naturfreunde in Gefahr. Daher haben sie sich in der Interessengemeinschaft Bessunger Kiesgrube (IBK) zusammengeschlossen. Aufgeschreckt durch die Enteignung von Kleingärten im Bürgerpark Nord und am Marienhospital habe man sich über die Lage der Schrebergärtner bundesweit informiert.
„Aktuell ist in Berlin eine inflationäre Enteignung von Schrebergärtnern zugunsten von Wohnraum zu beobachten“, sagt Frank Schindler von der Interessengemeinschaft. Auch werde 2022 das Naturschutzgebiet Bessunger Kiesgrube neu bewertet. „Das alles beunruhigt uns, und wir wollen wissen, ob sich das auf unser Gelände auswirkt.“
In diesem Punkt gibt es Entwarnung von der Stadt. „Weder beim Immobilienmanagement noch beim Umweltamt sind Pläne bekannt, denen zufolge die Gärten am Naturschutzgebiet Bessunger Kiesgrube in ihrer Existenz bedroht wären“, teilt Sprecher Klaus Honold mit. Das beruhigt die Gärtner ein wenig, die ihre Anlage als wichtige „Pufferzone“ zwischen Naturschutzgebiet und angrenzender Wohnbebauung sehen.
Vor Monaten schon hatten sie ihre Sorgen über die ungewisse Zukunft ihrer Gärten in einem Schreiben an die Stadt geäußert und außerdem den Vorschlag gemacht, die Gartenanlage – möglicherweise in Verbindung mit der Bessunger Kiesgrube – für Naturschutzprojekte mit Kindern zu öffnen. Monatelang hatten sie nichts gehört, „was uns natürlich umso mehr beunruhigt hat“, sagt Schindler.
Nun kam doch Post von Barbara Akdeniz. Die Grünflächendezernentin freue sich über das Interesse am Naturschutzgebiet Bessunger Kiesgrube und würdige deren „bisheriges Engagement für den Natur- und Artenschutz.“ Insbesondere für Projekte mit Schulen und Kitas habe sie als Umwelt- und Sozialdezernentin immer ein offenes Ohr.
Im Falle des Schutzgebietes „Bessunger Kiesgrube“ seien dem jedoch Grenzen gesetzt. Der Wert des Gebietes ergebe sich auch aus der „versteckten“ Lage und der Abwesenheit von menschlicher Nutzung. So seien Führungen und Exkursionen durch die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium anzumelden, die damit „akribisch die Erhaltung des wertvollen Gebiets überwacht“. Daher sei es nicht möglich, dort eigenständig Führungen anzubieten.
Derzeit, sagt sie, schaue auf dem Gelände ein ehrenamtlicher Gebietsbetreuer nach dem rechten. „Und eine fachkundige Pflege zum Erhalt der vielen Biotoptypen erfolgt durch ein Unternehmen“, so Akdeniz. Wichtig sei, dass die Randbereiche zum Naturschutzgebiet als Puffer wirken – womit sie genau das sagt, was die Kleingärtner auch festgestellt haben.
Sie sind erst einmal beruhigt und werden nun Kontakt zur Lichtenbergschule und zu Kindertagesstätten in der Umgebung aufnehmen. „Wir haben eine konkrete Planung, was wir den Kindern vermitteln wollen“, sagt Schindler. „Zum einen wollen wir zeigen, wie wir ohne chemische Zusätze unser Gemüse anbauen.“ Und was die Tierwelt betrifft, gibt es nicht nur Vogelhäuser und Insektenhotels zu beobachten, die gut besucht sind. Im Frühjahr kommt auch noch ein Fledermaushaus dazu.