In Darmstadt ist Gans nach wie vor gefragt - und Mangelware

Das Geschäft mit den Gänsen läuft - zumindest auf dem Hofgut Oberfeld, wo diese Tiere ihr Leben noch genießen.

Die Martinsgänse sind vertilgt, die Weihnachtsgänse laufen noch schnatternd über die Felder. Wer eine Gans will, muss aber rechtzeitig bestellen und tief in die Tasche greifen.

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Darmstadt. Laut schnatternd und aufgeregt mit den Flügeln schlagend rennen die Gänse am Scheftheimer Weg über die Wiese. Ein Hund hat sich dem Zaun genähert - sehr zum Ärger des Federviehs. 280 Gänse sind seit Mai auf dem Oberfeld groß geworden, nach der ersten Schlachtung am Dienstag sind es noch 245. Gefuttert haben die Tiere in den vergangenen sechs Monaten ausschließlich Kleegras und Gerste, die auf dem Oberfeld angebaut wurde, sagt Landwirt Thomas Goebel von der Hofgut Landwirtschaft AG.

Die Nachfrage ist groß, wie auch in den Vorjahren

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Silke Kunkel Leiterin Hofladen, Hofgut Oberfeld

Die Qualität der 35 bereits für den Martinstag geschlachteten Gänse sei bestens gewesen, sagt Silke Kunkel vom Hofladen. Sie kümmert sich um alles rund um den Käse- und Fleischverkauf in dem Landwirtschaftsbetrieb an der Erbacher Straße. Eine der Gänse habe fünf Kilogramm auf die Waage gebracht - „das zeigt, dass es ihnen gut geht”, sagt sie. Die Martinsgänse waren ruckzuck verkauft, die Bestellungen an Brust und Keulen für die Advents- und Weihnachtszeit laufen prima. „Die Nachfrage ist groß, wie auch in den Vorjahren”, sagt sie. Und die Preise? „Sie wurden um einen Euro auf 26,90 Euro pro Kilo erhöht.”

Futter und Klee vom Oberfeld

Von Gans-Krise also keine Spur - zumindest auf dem Hofgut, wo man auf eigenes Futter und kurze Wege auch bei der Schlachtung setzt und damit auch die moderat gestiegenen Preise erklärt. So wächst das Futter dort, wo die Gänse aufwachsen; geschlachtet werden sie in einem Geflügel-Mobil, das auf den Hof kommt oder auf einem Hof im Landkreis, sagt Silke Kunkel.

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Noch schaut sie in die Kamera - bald ist das Gänseleben vorbei.
Noch schaut sie in die Kamera - bald ist das Gänseleben vorbei. (© Guido Schiek)

Doch nicht überall sieht es so gut aus mit Gänsen. Wegen des Ukraine-Krieges und der von Zugvögeln übertragenen Vogelgrippe sind die Weihnachtsgänse knapp, ihre Preise zuletzt deutlich gestiegen. Mehr als dreiviertel der Gastronomen ergänzen ihre Gänse-Menüs nach einer Branchenumfrage des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga deshalb um günstigere Alternativen. Wild, Ente oder Rind seien dabei die beliebtesten Varianten, teilt der Verband mit.

Die sichere Variante für Weihnachten ist ein Sauerbraten oder Rinderroulade

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Silke Krug Chefin, Metzgerei Krug

Dass Gänse in diesem Jahr Mangelware sind, bestätigt auch Silke Krug von der gleichnamigen Metzgerei in der Heidelberger Straße. „Das ist ganz schwierig”, sagt sie. Gefrorene Gans aus Deutschland oder Polen könne sie anbieten, frische Freilandgänse aus dem Odenwald aber seien schwer zu bekommen. „Die sichere Variante für Weihnachten ist ein Sauerbraten oder Rinderroulade”, so ihre Empfehlung. Eine weitere Alternative sei Wild, das sie von Jägern beziehen, die in heimischen Wäldern jagen. So könne sie beispielsweise an diesem Wochenende Wildschwein aus dem Weiterstädter Wald anbieten.

Manche Gastronomen wollen auf ihre Angebote rund um die Gans trotz der Lieferschwierigkeiten nicht verzichten. So bietet man etwa im Hofgut Dippelshof, das seit 25 Jahren von der Familie Huthmann geführt wird, nach wie vor das traditionelle Gänseessen an. Für knapp 50 Euro gibt’s dort ein Drei-Gänge-Menü mit Salat, Süppchen, Gänseschmorbraten mit Rotkohl, Klößen und ein Dessert.

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„Wir sind stark gebucht”, sagt Jens Huthmann. An den sechs Abenden im November, an denen im Restaurant Gänseessen angeboten wird, bewirte man 50 bis 70 Gäste. Klar sei aber auch: „Das ist ein Luxusartikel geworden.” Die Gänse beziehen sie nach wie vor aus dem Odenwald, „die Preise aber sind um 20 Prozent gestiegen.” Natürlich müsse man dies ein Stück weit an die Gäste weitergeben. „Aber sie wertschätzen gute Qualität und lassen sich diese auch etwas kosten.”

Wer eine Gans im Supermarkt kauft, muss tiefer in die Tasche greifen. Während polnische Gänse noch vor zwei Jahren für 3,49 Euro pro Kilogramm in den Tiefkühltruhen der Discounter lagen, kosten sie in diesem Jahr etwa das Dreifache. Nochmal zurück zum Hofgut Oberfeld, wo man nicht nur Keulen und Brust anbietet, sondern auch die Innereien und Karkassen - also das Knochengerüst samt Fleisch- und Hautresten. „Für die Saucen”, sagt Silke Kunkel. Die Federn der frei laufenden Gänse allerdings verwerte man nicht weiter, „sie kommen weg”.