Friedliche Demonstration gegen Abschiebegefängnis in Darmstadt

"Der Knast passt nicht in eine Stadt, die sich als "weltoffen" bezeichnet", so die Sprecherin des Bündnisses "Community for All". Foto: Andreas Kelm

Rund 800 Menschen haben am Samstag in der Darmstädter Innenstadt gegen ein in Eberstadt geplantes Abschiebegefängnis demonstriert.

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DARMSTADT. Rund 800 Demonstranten haben sich am Samstag auf dem Luisenplatz versammelt, um gegen das geplante Abschiebegefängnis im Eberstädter Fritz-Bauer-Haus zu protestieren. Dem Aufruf des Bündnisses "Community for all - Solidarische Gemeinschaften statt Abschiebegefängnis" sind etliche Gruppen aus dem Rhein-Main-Gebiet gefolgt, die allesamt gegen "eine menschenverachtende Asyl- und Migrationspolitik der schwarz-grünen Landesregierung" demonstrieren.

"Der Knast passt nicht in eine Stadt, die sich als "weltoffen" bezeichnet", so die Sprecherin des Bündnisses "Community for All". Foto: Andreas Kelm
"Der Knast passt nicht in eine Stadt, die sich als "weltoffen" bezeichnet", so die Sprecherin des Bündnisses "Community for All". Foto: Andreas Kelm

Parolen wie "Menschenrechte statt rechte Menschen", "Fährten statt Fronten", "Solidarität statt Hetze" oder "Abschiebung ist Mord" steht auf ihren Bannern, die sie vom Luisen- zum Marktplatz, dann über das Erste Polizeipräsidium bis hin zu den Büros von CDU und Grünen tragen. Für das Bündnis ist die Demonstration ein voller Erfolg, denn alle stünden für "solidarische Perspektiven" und "gegen eine scheinheilige Politik".

Junge Äthiopier verteilen Trillerpfeifen und sagen, dass ihre Landsleute "zu 90 Prozent abgeschoben" würden, weshalb sie große Angst hätten und auf die Straße gingen. Der 27 Jahre alte Nadhani gehört der Volksgruppe Oromo an. Wenn er abgeschoben würde, erwarteten ihn zu Hause Gefängnis und Folter. Dorothea Köhler weiß aus den vielen Gesprächen, die sie mit Geflüchteten geführt hat, dass dort auch schon Demonstranten erschossen worden. Sie ist nicht nur die Sprecherin des Bündnisses gegen Abschiebehaft, sondern engagiert sich mit Angelika Schröder im "Refugee Welcome Café" im türkisch-kurdischen Kulturclub "Halkevi".

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Dorothea Köhler erzählt, dass den Oromo Land weggenommen wird, das dann von großen Konzernen industriell bewirtschaftet werde. Das Darmstädter "Halkevi" sei Anlaufstelle für geflüchtete Syrer, Kurden, Afghanen, Somalier, Äthiopier, die sich dort samstagsnachmittags treffen, um auch Beratung für Asylverfahren zu erhalten.

Dorothea Köhler findet es schlimm, wie mit den Menschen umgangen werde. Viele hätten ihr Leben aufs Spiel gesetzt, manche seien jahrelang unterwegs gewesen, um hier Schutz und Sicherheit zu finden. Es sei schäbig, diesen Menschen nun keine realistische Chance zur Entwicklung zu geben, sondern sie auch noch zu inhaftieren. Sie seien nicht straffällig, kämen aber in Abschiebevollzug.Vor allem sehr vielen jungen Menschen werde damit die Zukunft verbaut, was sie unerträglich findet. "Das sind alles ganz wunderbare Menschen."

Für einen 28 Jahre alten Somalier sind Dorothea und Angelika mehr als nur zwei deutsche Frauen, die ihn unterstützen. Er lacht und sagt: "Sie sind meine neuen Mütter." Angesichts der vielen Demonstranten, die trotz Regens gekommen sind, "fühlen wir uns in unserem Protest bestärkt", betont Dorothea Köhler.

Das Bündnis wurde recht schnell aus dem Boden gestampft, denn die Entscheidung des Landes, im Fritz-Bauer-Haus ein Abschiebegefängnis einzurichten, sei überraschend gekommen.

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Nach ihrer Meinung hätte sich die Stadt "deutlicher positionieren" müssen". Die Demonstranten finden, dass die schwarz-grüne Regierung "ein massives Haltungsproblem" habe, das "an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten" sei. Was eine Gesellschaft braucht, sei eine "solidarische Gemeinschaft, die Menschen, egal wo sie herkommen, Teilhabe auf allen Ebenen ermöglicht". Sie lehnen eine Politik "der Abschottung und Abschiebung" ab.

"Wenn Innenminister Peter Beuth davon spricht, die Einrichtung in Eberstadt sei nötig, um die Akzeptanz für die Aufnahme Geflüchteter zu erhalten, können wir nur antworten: Schauen Sie her! Hier ist die Gesellschaft auf der Straße! Diese Gesellschaft ist bunt. Wir werden mehr, und wir werden die menschenfeindliche Politik nicht länger akzeptieren."

Die Demonstration war Auftakt einer Aktionswoche, in der es neben Podien, verschiedene Workshops und Veranstaltungen rund um die Fragen "Abschiebung" und "Ausgrenzung" gehen wird.