Fridays For Future: Schüler nehmen Politiker in die Pflicht

Mit dem Schuljahr beginnen auch wieder die Demonstrationen der Schüler für mehr Klimaschutz. Foto: Torsten Boor

In Darmstadt setzen Schüler ihre Aktion für mehr Klimaschutz fort. Eine neue Gruppe nimmt diesbezüglich die örtlichen Politiker in die Pflicht.

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DARMSTADT. Sie werfen sich auf die Treppen vor dem Landesmuseum und bleiben reglos liegen, wie tot, minutenlang. "Es gibt keine Arbeitsplätze auf einem toten Planeten", mahnt das Schild einer der Aktivisten der Umweltschutzbewegung "Extinction Rebellion". "Wäre die Erde eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet", klagt ein anderes. Auf dem Cityring davor rauscht derweil unbeirrt der Verkehr vorbei.

Die eindrückliche Aktion bildete gestern die Vorhut für die Klimastreik-Demonstration "Fridays for Future", zu der nach der Sommerferienpause erstmals wieder einige Hundert Schüler und weitere Protestanten zusammengekommen sind. Zuvor haben die Klimaschutzaktivisten ins Landesmuseum zu einer kurzen Pressekonferenz eingeladen, um einmal mehr auf die Dringlichkeit der Situation hinzuweisen, auch in Darmstadt. Passenderweise taten sie das vor einer Reihe ausgestellter Skelette ausgestorbener Tiere.

Der heißeste Monat seit Wetteraufzeichnung

Wie sehr man den Klimanotstand in den vergangenen Wochen am eigenen Leib erleben konnte, macht Fridays-Aktivist Björn Schulz deutlich: Dürre, Waldsterben, Hitze über 40 Grad im Juli als heißesten Monat seit Wetteraufzeichnung. Und die Politik tue viel zu wenig: Das ohnehin schon zu niedrige Klimaziel für 2020 werde verfehlt, Verkehrsemissionen sänken nicht, der Kohleausstieg komme acht Jahre zu spät.

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"Wir müssen mehr machen, es reicht nicht", unterstreicht Friederike Frenzel von der neuen Initiative "Klimanotstand Darmstadt", die den Schülerprotest unterstützt und auch von Darmstädter Politikern mehr Engagement fordert mittels einer Resolution, die bislang 1000 Menschen unterzeichnet haben. "Jede Entscheidung, die wir ab sofort treffen, ist eigentlich eine Klimaentscheidung", befindet Mitstreiterin Heike Böhler. So wie auch schon im Finanzbereich, wo Schuldenvermeidung ein Generalgebot sei, müsse man sich bei jeder Entscheidung auch fragen: Mache ich damit Klimaschulden?

"Hurra, diese Welt geht unter", dröhnt wenig später der sarkastische Abgesang der Hip-Hopper von K.I.Z. aus den Boxen auf dem Luisenplatz. 300 bis 400 junge und auch ältere Demonstranten, so schätzt auch die Polizei, sind dem Aufruf zur Demo im Zeichen des Schüler-Streikfreitags gefolgt. "Bisher haben wir außer ein paar vollmundigen Versprechen nicht viel gehört, deswegen machen wir weiter", ruft Mitja Stachowiak vom Organisationsteam in die Menge, die sich kurz darauf in Bewegung setzt.

"Allenfalls eine brutale Vollbremsung kann den Totalschaden aufhalten"

"Wir sind jung, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut", skandieren viele junge Münder wieder und wieder bei ihrem Zug durch die Rhein- und Neckarstraße Richtung Hauptbahnhof zum Endpunkt am Europaplatz. Im Vergleich zu den bisherigen fünf Friday-Demos, bei denen laut den Organisatoren je bis zu 4000 Teilnehmer waren, haben sich diesmal merklich weniger Schüler eingereiht.

Ruth, Jana und Nina - wie auch die vorigen Male unbeirrt dabei - ist das auch aufgefallen. Sie vermuten, dass einige von den Fehlstunden verschreckt sind, die sich im Halbjahreszeugnis gezeigt haben. Ein Freund habe deswegen gar eine sechs in Englisch bekommen. An ihrer Freien Comenius-Schule werde das aber weniger streng gehandhabt. Und: "Ich glaube, es werden wieder mehr werden", ist sich Jana sicher. "Aber auch wenn nicht", wirft Nina ein, "für mich ist es wichtig, dass ich weiß, ich hab irgendwas gemacht."

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Wie dringlich der Handlungsbedarf ist, macht bei einem der Zwischenstopps der Darmstädter Revierförster Rudolf Schilling deutlich: "Der Wald stirbt, und das in einer Geschwindigkeit, die wir nicht erwartet haben!" Grund sei eindeutig der Klimawandel, und die Politik müsse hier endlich radikal umdenken. "Schneller durchgreifende Entscheidungen sind gefragt, auch gegen Widerstände", mahnt der Förster. "Allenfalls eine brutale Vollbremsung kann den Totalschaden aufhalten - wenn überhaupt."