Fridays for Future in Darmstadt: "Wir streiken, bis ihr handelt"

Klare Botschaften.  Foto: Guido Schiek

Bereits zum vierten Mal demonstrieren Schüler in Darmstadt bei "Fridays for Future" für den Klimaschutz und eine entsprechend andere Klimapolitik.

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DARMSTADT. "Anlässlich der Europawahl geht uns diese Demonstration besonders an", sagen Vivien Zeidler und Silas Bug, die bei den Darmstädter "Fridays for Future"-Bewegung (FFF) in Darmstadt für die Pressearbeit zuständig sind. Heute wird zum zweiten Mal europaweit und international gestreikt, Klimawandel kann eben nur auf globaler Ebene gelöst werden, "There's no Planet B", steht auf einem selbstgemalten Schild - es gibt keine zweite Erde.

Bereits am 15. März haben Schüler, Azubis und Studierende auf der ganzen Welt "gegen das Versagen der politisch Verantwortlichen" angesichts des Klimawandels protestiert, "und wir treten ihnen mit den Klimastreiks weiter auf den Schlips, den sie so sehr hüten", meint Vivien. Nach Schätzungen der Polizei waren es am Freitag gegen 10.30 Uhr auf dem Luisenplatz bis zu 1000 Menschen, später zählte das FFF-Team bis zu 2000 Demonstranten.

Eltern und Wissenschaftler schließen sich an

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Seit Beginn des Jahres wird bei den "Fridays for Future" gestreikt - was ist erreicht? Auf lokaler Ebene seien im Fahrradwege-Ausbau Fortschritte zu verzeichnen, "das ist sicher nicht nur unser Verdienst, aber auch", sind sich die Aktivisten sicher. Und obwohl die Demos schon ziemlich viel Arbeitszeit erfordern, "wollen wir unsere Aktionen ausweiten, Clean-Ups oder No-Waste-Picknicks veranstalten", sagt Silas Bug. "Auch gibt es die Idee, einen Klimafriedhof zum Thema Artenvielfalt anzulegen, auf dem alle Arten, die es schon nicht mehr gibt, auf einem Kreuz notiert zu Grabe getragen werden", meint Vivien, doch sei es nicht leicht, einen passenden Ort zu finden.

Konkret erarbeiten die Gruppen Forderungen, die sie an die Politiker weiterleiten, "alles auf basisdemokratischem Weg", und es soll eine bessere Vernetzung mit Gleichgesinnten geben, dafür hat sich eine eigene Arbeitsgruppe in Darmstadt zusammengetan. Die Vernetzung reicht von Klima- oder Hochschulgruppen bis hin zu "Parents for Future" oder Wissenschaftlern, die hinter der jungen Generation stehen - alle anwesend auch an diesem Freitag.

Andreas Talmon-L'Armée von "Parents for Future" berichtet, dass seine Gruppe mit bis zu zwölf Aktiven und 40 Mitgliedern im Austausch mit der FFF-Gruppe stehe, "denn wir wollen sie unterstützen und wollen wissen, was sie denken." Es sei ihre Zukunft, und die Demo sollte deshalb in ihrer Hand bleiben, meint er. "Es muss ein Umdenken stattfinden", zur EU-Wahl will er gehen, "aber ich weiß nicht, wen ich wählen soll, alle etablierten Parteien, auch die Grünen, sind kaum mehr glaubwürdig." Einer Studentengruppe von Umweltingenieuren geht es ähnlich: "Vermutlich Grün, aber eigentlich sind die nicht radikal genug", heißt es da.

Die Klasse 7a der Lichtenberg-Schule ist - fast komplett - auf den Luisenplatz gekommen. Bevor der Marsch losgeht, sitzen die Schüler im Kreis zusammen und erzählen, in einer internen Schul-EU-Wahl hätten sie gerade ihre Stimme für überwiegend Grün und eher Links abgegeben. Sie sind alle aus Überzeugung auf der Demo, fahren mit dem Rad und den öffentlichen Verkehrsmitteln, die "SUV-Mamis und -Papis" gibt es bei ihnen nicht, auch bestehe in den Familien weitgehend ein Umweltbewusstsein: nicht alles perfekt, aber immerhin. Die Frage nach dem individuell korrekten Verhalten allein sei sowieso nicht zielführend, meint Nico Blüthgen, Professor für Ökologische Netzwerke an der Technischen Universität Darmstadt, "die Industrie ist gefordert, und die Politik muss die Mauern durchbrechen". Er hat gerade selbst am Mikrofon gesprochen ("Die Bewegung liegt mir am Herzen"), für ihn ist der Fleischkonsum das drängendste Problem, weil der Futteranbau für die Verdrängung von Wäldern und Mooren, dem besten Kohlendioxidspeicher, sorge.

Die Kritik an der Klimapolitik ist für Silas Bug immer auch ein Stück Kapitalismuskritik, "denn aus der leistungs- und kapitalorientierten Gesellschaft resultieren alle Probleme". Der 17-jährige Schüler Ferdinand Remppis singt über den Ludwigsplatz "Ton Steine Scherben": "Der Traum ist aus ... aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird", und Silas meint: "Dass weltweit gestreikt wird, das ist verdammt cool und es beflügelt".