Foodsharing-Sonderaktion "Zwischen den Jahren": Ehrenamtliche retten in Darmstadt Lebensmittel vor der Tonne
Kistenweise Brot, Pilze, Bananen, Orangen, Salate und vieles mehr warten auf Abnehmer - und sie warten nicht lange. Denn momentan werden bei der Foodsharing-Sonderaktion "Zwischen den Jahren" gerettet Lebensmittel unter die Leute gebracht und so vor dem Wegwerfen bewahrt.
Von Alexandra Welsch
Mitarbeiterin Lokalredaktion Darmstadt
Am Stand der Foodsharer auf dem Riegerplatz stellt Thomas Hahn die Lebensmittel zum Mitnehmen bereit. Foto: Guido Schiek
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
DARMSTADT - Trüb und leer liegt der Riegerplatz am Mittwochmittag da, doch am Rande tummelt sich ein bunter Haufen: Rentner, Studenten, junge Pärchen und Alleinstehende bedienen sich an rund 50 Steigen voller Lebensmittel, die soeben angekarrt wurden. Kistenweise Brot, Pilze, Bananen, Orangen, Salate und vieles mehr warten auf Abnehmer - und sie warten nicht lange bei der Foodsharing-Sonderaktion "Zwischen den Jahren".
"13 Kilo Obst", ruft jemand Christine Eisenhauer zu, die das auf der Erfassungsliste notiert. "Am Ende wird herauskommen, wie viele Lebensmittel wir gerettet haben", sagt die ehrenamtliche Helferin mit Blick auf die Wagenladung voll überschüssigem Essen aus örtlichen Märkten, das sie zuerst wiegen und dann unter die Leute bringen. 16 Tonnen waren es voriges Jahr. "Und Darmstadt ist nicht groß", merkt Eisenhauer an. "Wenn man das auf die Republik hochrechnet, wird's einem schwindelig." Deswegen findet es Ulrike Müller auch nicht nur begrüßenswert, was hier passiert. "Ich finde es gut, dass die Dinge nicht verderben", stellt die Finanz- und Volkswirtin fest, die gerade mit dem Rad gekommen ist und sich schon ein paar Lebensmittel eingepackt hat. "Aber für mich ist es auch ein Reparaturbetrieb, weil nicht richtig gesteuert wird, was produziert wird, und weil es sehr viel ehrenamtliche Arbeit ist."
Auf dem Aktivspielplatz Herrngarten rollt der nächste Transporter ein, dabei steht vor dem Haus noch alles voll mit Lebensmittelkisten. Während sich ein Dutzend Menschen daran bedient, beginnt das Foodsharing-Team mit dem Ausladen. Dabei landet jede Kiste für einen Wiege-Moment in den Händen von Anita Freyberg, die auf einer Waage steht. 860 Kilogramm haben sie heute schon bei der ersten Fuhre erfasst, nun kommen weitere 460 Kilo dazu.
ZWISCHEN DEN JAHREN
Die Aktion "Zwischen den Jahren" von Foodsharing Darmstadt läuft noch bis Silvester. Bis einschließlich Samstag, 30. Dezember, werden an fünf Standorten Lebensmittel angeboten:
1. Jugendhaus Huette, Kiesstraße 16, 27. bis 29. Dezember 12 bis circa 15 Uhr, am 30. Dezember von 15 bis 18 Uhr, am 31. Dezember von 10 bis 14 Uhr.
2. Moschee Assalam e.V. Sensfelderweg 24, 27. bis 29. Dezember von 12 bis circa 15 Uhr.
3. Aktivspielplatz Herrngarten 27. bis 29. Dezember von 12 bis circa 15 Uhr, am 30. Dezember von 12 bis 15 Uhr.
4. Riegerplatz, Im Martinsviertel, 27. bis 29. Dezember von 12 bis circa 15 Uhr.
5. Fairteiler Kranichstein, Wohnart Elisabeth-Selbert-Straße 6, 27. bis 29. Dezember von 12 bis circa 15 Uhr.
Foodsharing, "weil am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist"
"Das ist unfassbar", staunt Freyberg, die erst seit Kurzem bei Foodsharing mitmacht. Von einer Kollegin habe sie davon erfahren - "und konnte es gar nicht glauben, wie viele Lebensmittel weggeworfen werden!" Nun hilft die dreifache Mutter aus Darmstadt und Angestellte im Öffentlichen Dienst in ihrer Freizeit als Verteilerin dabei, diesen Berg abzubauen.
Auf der anderen Seite des Standes tut das auch Marco. "Weil am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist", so der 37 Jahre alte Hartz-IV-Bezieher mit Galgenhumor. Mit Arbeitslosengeld II komme man nicht weit, "da ist das hier optimal", lobt der Darmstädter, dem eine Stange Lauch aus dem Rucksack ragt. Auch jenseits der Aktion zwischen den Jahren versorge er sich an den beiden "Fairteiler" genannten Foodsharing-Stationen.
Weil zwischen den Jahren besonders viele überschüssige Lebensmittel anfallen, fährt die Darmstädter Foodsharing-Gruppe die Extra-Aktion mittlerweile zum vierten Mal mit mehreren gemieteten Transportfahrzeugen und Privatautos. Und das eigentlich zu ihrem Bedauern. "Was uns auffällt ist, dass es nicht weniger wird", sagt Jilly Latumena, seit Gründung der Darmstädter Gruppe vor fünf Jahren dabei. An den Mengen ändere sich leider nichts, "und darüber sind wir traurig und auch etwas verärgert". Sie verstünden sich als konsumkritische Gruppe, die etwas gegen Überproduktion und -konsum tun wolle.