Falun Gong will Körper und Geist stärken

Dehn- und Streckübungen mit langsamen Bewegungen sind ein Kernelement von Falun Gong.Foto: Andreas Kelm  Foto: Andreas Kelm
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Jeden Sonntagvormittag kann man sie im Herrngarten sehen: Sie stehen im Kreis beieinander und bewegen sich ganz sachte, wie in Zeitlupe fahren Arme durch die Luft oder verharren...

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DARMSTADT. Jeden Sonntagvormittag kann man sie im Herrngarten sehen: Sie stehen im Kreis beieinander und bewegen sich ganz sachte, wie in Zeitlupe fahren Arme durch die Luft oder verharren still in einer Position. Es ist ein Hingucker der Langsamkeit in einer schnelllebigen Welt. Und kürzlich konnte man das auch im Innenstadttrubel auf dem Ludwigsplatz beobachten, als sich die „Falun Gong“-Gruppe vorstellte und für ihre Sache warb.

„Es ist eine buddhistische Meditationspraxis, die in der alten chinesischen Kultur verankert ist“, erläutert Karsten Nöll, der die regionale Gruppe vor 20 Jahren mitgegründet hat und auch im „Deutschen Falun Dafa Verein“ Vorstandsmitglied ist. Falun Dafa und Falun Gong meint dasselbe: „Ein Kultivierungsweg für Körper und Geist“, wie es in der Selbstbeschreibung einer Broschüre heißt. „Ein Weg zur Verbesserung der Gesundheit und zur Förderung spiritueller Weisheit.“

Der Polizist Karsten Nöll aus Höchst im Odenwald ist selbst darauf gestoßen, als er gesundheitliche Probleme bekommen hat – nach Jahren voller Schichtdienste, wie er unterstreicht. Kern der Bewegungen mit Elementen aus dem Qi Gong sind Dehn- und Streckübungen. „Da werden Energiebahnen aufgeschlossen.“

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Doch jenseits körperlicher Effekte zielen die Übungen auch auf den Geist. „Es geht darum, nach innen zu gucken und zu versuchen, die Gedanken zu kontrollieren.“ Ein zentrales Ansinnen sei, weniger egoistisch zu denken und Fehler nicht immer bei anderen zu suchen. „Wahrhaftigkeit, Gutherzigkeit, Nachsicht“ würden laut Eigenbeschreibung als grundlegende Eigenschaften des Universums und somit als die Werte betrachtet, nach denen die Praktizierenden ihr Leben ausrichten sollen.

Dass das nicht nur erfreuliche Effekte mit sich bringt, wurde am Stand der Gruppe in der Innenstadt gleichfalls deutlich. Nicht ohne Grund stellten sie sich zum weltweiten Tag der Menschenrechte vor. „Staatlich organisierter Organraub in China an lebenden Falun-Gong-Praktizierenden“, stand auf einer der Broschüren, die die Anhänger an Passanten verteilten (hierzu mehr in der Infobox).

„Wir versuchen, die Leute anzusprechen und dass sie sich mit der Thematik auseinandersetzen“, erklärt Karsten Nöll. Politisch seien sie nicht, wie er betont. „Wir weisen auf unsere Verfolgung hin.“ Dass das Emblem von Falun Gong – die goldene Swastika in Hakenkreuzform – gerade in Deutschland Fragen aufwirft, kann Nöll nachvollziehen. „Das ist schwierig, weil Hitler das gestohlen und missbraucht hat.“ Doch sei es im Buddhismus traditionell ein positives Zeichen für Energie.

Kornelia Gruber war anfangs skeptisch, als ihr eine Freundin infolge einer schweren Erkrankung Qi Gong empfahl. „Ich komme aus einem eher wissenschaftlichen Haushalt und bin sehr kritisch mit allem Esoterischen“, stellt die Darmstädter Sozialpädagogin fest. Doch schnell habe sie gemerkt, dass diese Lehre sehr greifbar, vernünftig und gar nicht versponnen sei. Und es sei ihr damit deutlich besser gegangen.

„Wir merken mehr Zulauf in den letzten Jahren“, berichtet Nöll. Dabei sei die Kerngruppe in Darmstadt recht klein mit sieben bis neun Mitgliedern und dabei bunt gemischt. So sei seine ebenfalls beteiligte Frau Altenpflegerin, unter ihnen seien aber auch Architekten oder Selbstständige aus der IT-Branche. „Viele Leute kommen, weil sie auf der Suche sind nach etwas für sich selber.“ Geld kostet die Teilnahme nicht, da die Praktiken prinzipiell kostenlos weitergegeben werden müssen. „Jeder ist herzlich eingeladen.“