Das Juniorlabor von Merck und TU Darmstadt ist eine gelungene Kooperation: 29.000 junge Besucher in zehn Jahren.
DARMSTADT. Auf der Arbeitsplatte von Melissa und Tabea brodelt es wie in einer Hexenküche. Die beiden Praktikantinnen experimentieren mit flüssigem Stickstoff, der aus dem Stuttgarter Trichter in dichten Nebelschwaden in den Laborraum wabert.
Es ist ganz schön was los in dem Merck-TU Darmstadt Juniorlabor auf der Lichtwiese, wo neben den Praktikantinnen noch eine neunte Klasse der Pfungstädter Friedrich-Ebert-Schule zu Gast ist. Mit Lehrer Andreas Gutmann sind die 16 Schülerinnen und sechs Schüler gegen 9 Uhr in der Alarich-Weiß-Straße eingetroffen. Und nach einer einstündigen Einweisung und Versuchserklärung haben sie - endlich - die Laborkittel übergestreift und Schutzbrillen aufgesetzt.
Schon wenige Minuten später sind die jungen Leute konzentriert im Labor zugange, das Andrea-Katharina Schmidt seit fünf Jahren leitet. "Es ist immer wieder toll, zu sehen, wie begeistert alle an die Arbeit gehen", sagt die promovierte Chemikerin.
Interesse für Naturwissenschaften wecken
Vor zehn Jahren wurde das Juniorlabor mit der Unterstützung von Merck an der Technischen Universität eingerichtet. Knapp 29 000 Kinder und Jugendliche haben dort seitdem experimentiert. "Bei einigen hat sich daraus mehr entwickelt", sagt Schmidt. Etwa bei Melissa (15) und Tabea (14), die nach einem Besuchstag mit der Schule so begeistert waren, dass sie nun ihr zweiwöchiges Schülerpraktikum im Juniorlabor machen - oder wie Julia Keil, die inzwischen an der TU Chemie studiert und am Donnerstag im Labor assistiert.
Ziel des Schülerlabors ist es, Begeisterung und Verständnis für Naturwissenschaften zu wecken, den Nachwuchs gezielt und praxisnah zu fördern und Lehrkräfte fortzubilden. Bundesweit ist das Schülerlabor auf der Lichtwiese das erste, das von einer Universität und einem Industrieunternehmen gemeinsam konzipiert und betrieben wird.
Als das Juniorlabor 2008 auf rund 205 Quadratmeter Fläche im Gebäude der Anorganischen Chemie eröffnete, wusste der damalige, inzwischen verstorbene Leiter Dr. Klaus Wannowius nicht, wie sich das Projekt entwickeln würde. "Wir haben immer einen vollen Kalender", sagt Schmidt.
Neben Schülertagen gibt es im Labor auch Betriebspraktika, Ferienkurse, Fortbildungen, Experimentalvorlesungen für Grundschüler oder Seminare für Lehrkräfte. Auch die Landessieger der Internationalen Chemieolympiade haben dort ihr Landestreffen: So werden Ende Januar erneut die besten Nachwuchs-Chemiker Hessens und Thüringens dort zusammenkommen.
In dem lang gestreckten Laborraum gibt es 32 Experimentierplätze, an denen es auch am Donnerstag lebhaft zugeht. Thema des Tages sind die Bestandteile der Luft. Einer davon - Kohlendioxid - soll von den Neuntklässlern anhand von Brausetabletten und Wasser analysiert werden. Überall wird konzentriert gearbeitet, aber auch Herumlaufen und bei den Klassenkameraden über die Schulter schauen, ist erlaubt. Nur essen und trinken nicht.
"Hier hat man so viel Platz, und jeder von uns kann experimentieren", sagt Marco. "In der Schule müssen sich immer mehrere einen Platz teilen, oder wir schauen nur zu, was der Lehrer macht", sagt der 16-Jährige, dessen Steckenpferd die Naturwissenschaften sind. Auch Tabea findet es super, so viel selbst machen zu können. "Wir haben Indigo chemisch hergestellt, Seidentücher mit Naturfarben gefärbt und das Carotin von Karotten herausgelöst", sagt die 14-jährige Reinheimerin, deren Lieblingsfach, selbstverständlich, Chemie ist. Doch nicht nur für Schüler ist das Labor ein Gewinn. Auch ist es als Lehr-Lern-Labor in die Lehrerausbildung an der TU integriert. "Hier entstehen Examensarbeiten, und wir arbeiten mit den Studenten permanent an Innovationen", sagt Schmidt. So hat sie beispielsweise ein System für digitale Messwerterfassung angeschafft, anhand dessen Examenskandidaten nun neue Versuche und Methoden für Experimentiertage entwickeln können.
"Die Begeisterung von Schülern für naturwissenschaftlich-technische Themen zu wecken, ist uns ein Anliegen", lobt TU-Professor Ralph Bruder, Vizepräsident für Studium und Lehre, das Labor. Die TU sei Merck dankbar für die Unterstützung. Dies geschieht aus Überzeugung: "Das Juniorlabor", sagt Professor Klaus Griesar von Science Relations bei Merck, "ist längst kein Projekt mehr, sondern eine Institution".