"In Darmstadt muss keiner auf der Straße übernachten", verspricht Bürgermeisterin Barbara Akdeniz. Welche konkreten Angebote gibt es für Obdachlose?
DARMSTADT. Die Meteorologen erwarten Schnee und Kälte. Eine große Gefahr für Obdachlose, die in der Kälte ausharren. Doch das müssten sie gar nicht, sagt Bürgermeisterin Barbara Akdeniz (Grüne), die die Presse zu Hilfs- und Präventionsmaßnahmen informieren wollte: "In Darmstadt muss keiner auf der Straße übernachten, und wir stellen für alle, die das wünschen, einen warmen Platz zur Verfügung."
300 Menschen als obdachlos registriert
Rund 300 Menschen sind derzeit in der Wissenschaftsstadt als obdachlos registriert. Das ist ein Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren. Doch selbst wenn die Zahlen noch weiter steigen sollten, sei die Stadt gerüstet. Unterkünfte gibt es vom Verein Horizont an vier verschiedenen Standorten sowie vom Diakonischen Werk Darmstadt-Dieburg, die eine gesonderte Bleibe für Frauen, ein Mutter-Kind-Haus und ein Übernachtungsheim für Männer unterhalten. Zusätzlich werden Plätze in Hotels oder Pensionen angemietet, und in der Fachberatungsstelle "Teestube" in der Alicenstraße können sich Menschen tagsüber aufwärmen.
Jeder, der sich nicht mehr in der Lage sieht, seine Miete zu bezahlen oder sein Dach über dem Kopf bereits verloren hat, soll Hilfe erhalten. "Das sind keine Almosen, das ist ein Rechtsanspruch", sagt Akdeniz und verweist Hilfesuchende an die kommunale Obdachlosenbehörde des Amtes für Soziales und Prävention. Außerdem gibt es eine Schuldnerberatung, die mit Betroffenen bereits präventiv Pläne zur Existenzsicherung ausarbeitet.
Die Wohnung zu verlieren muss allerdings nicht immer finanzielle Gründe haben. Zwar gibt es Kündigungen wegen Versäumnissen bei der Miete oder bei Energierückständen. Oftmals sind aber auch Trennungen der Grund für plötzliche Wohnungslosigkeit oder ein Fehlverhalten gegenüber dem Vermieter. Psychische Erkrankungen und Alkoholabhängigkeit können prekäre Situationen zudem erschweren.
Deshalb, so Akdeniz, sei es besonders wichtig, Menschen, die auf der Straße landen, zu begleiten. Das geschehe mithilfe von Sozialpädagogen und Streetworkern, die nach der Erstversorgung und der sicheren Unterbringung Betroffener erst im nächsten Schritt der Frage nach dem "Warum" nachgehen. "Langfristig ist diese Begleitung wichtig, um den Ausstieg aus der Obdachlosigkeit zu erreichen."
Bis zu drei Tage niedrigschwellig unterbringen
Bekommen wir demnächst Temperaturen um den Gefrierpunkt, ist jedoch schnelle Hilfe gefragt. Bis zu drei Tage können Schutzsuchende dann niedrigschwellig untergebracht werden, erklärt Christian Böhm von der Obdachlosenbehörde. In dieser Zeit suchen die Pädagogen gemeinsam mit dem Amt für Soziales und Prävention nach längerfristigen Lösungen.
Die Leiterin Birgit Koss bittet: "Nicht schämen!" Sie weiß, dass gerade Ältere, die teils über 40 Jahre gearbeitet haben, eine große Scham empfinden, sich Hilfe zu holen. Doch hat jeder Hilfesuchende einen Anspruch darauf. "Manche entscheiden sich allerdings selbstbestimmt gegen eine sichere Unterkunft und einen warmen Schlafplatz", weiß Koss. Gerade deshalb gelte es, die Augen offen zu halten, damit man – auch als Außenstehender – im Notfall helfen könne, wenn man befürchtet, ein Obdachloser könne Schaden für Leib und Leben nehmen. Im Zweifel oder bei Berührungsängsten wissen die 110 oder die 112 weiter.