Mit dem Fahrrad geht es in Darmstadt zu markanten Orten abseits der klassischen Sehenswürdigkeiten.
Von Marc Wickel
Auch an der mit Graffiti verzierten Lärmschutzwand am Rand der Lincoln-Siedlung wird bei der Fahrrad-Stadtführung Station gemacht.
(Foto: Marc Wickel)
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DARMSTADT - Eine Kirche nach einem Bausatz, ein Neubaugebiet und Jugendstil, eine Grünfläche mit eiserner Vorgeschichte, was die Stadtentwicklung westlich des Hauptbahnhofs ermöglichte. Das waren Themen einer Fahrradstadtführung am Samstag in Darmstadt. „Die ganzen Veränderungen, die sich im Süden und Westen tun, kennen die wenigsten“, erklärte Stadtführerin Andrea Rohrmann, warum sie Punkte jenseits der Klassiker wie Mathildenhöhe oder Schloss anfährt.
Vom Luisenplatz ging es durch die Elisabethenstraße. In der wurde in ihrem westlichen Teil in den vergangenen Jahren neu gebaut. „Das waren vorher Firmengelände“, erklärte die Stadtführerin, jetzt seien dort Miet- und Eigentumswohnungen.
In der Albert-Schweitzer-Anlage, der breiten Grünfläche zwischen Rheinstraße und Eschollbrückerstraße, erinnerte Rohrmann an die Verkehrsgeschichte. „Ursprünglich war hier die Trasse der Eisenbahn Frankfurt-Heidelberg.“ Durch Seitenstraßen ging es Richtung Süden bis zu einer großen Baustelle. „Ingelheimer Gärten“ steht auf dem Bauschild. „Das war das ehemalige EAD-Gelände“, so Andrea Rohrmann, dahinter sieht man noch das Technische Rathaus in der Bessunger Straße.
Kurz vor der Lincoln-Siedlung war der nächste Halt. „Großherzogliche Keramische Manufaktur“ steht auf einem Gebäude in der Noackstraße. Die 1906 gebaute Manufaktur arbeitete mit der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe zusammen. Mit der Weltwirtschaftskrise 1931 kam das Aus und das Gebäude wurde eine Wäscherei. Heute ist es ein Wohngebäude.
Auch in der Lincoln-Siedlung wird gebaut, allein der Bauverein will dort 500 Wohnungen bauen. Den Westrand der Lincoln-Siedlung prägt eine Graffiti-Mauer, eine Lärmschutzwand, die die Siedlung gegen die Karlsruher Straße (B3) abgrenzt. Wegen der Straße hätten Stadt und Amerikaner von 1968 bis 1980 verhandelt, sagte Andrea Rohrmann.
Eine Brücke über die Karlsruher Straße verbindet Lincoln mit der Heimstättensiedlung. „Die evangelische Kirche ist eine der Notkirchen Otto Bartnings“, wies die Gruppenleiterin auf die Besonderheit der Matthäusgemeinde hin. Diese Kirchen konnte nach dem Zweiten Weltkrieg schnell gebaut werden, da sie ein standardisierter Bausatz waren.
Die Tour ging weiter nach Norden, vorbei an der neuen Alnatura-Zentrale bis zu drei großen Kunstwerken mit viel Metall vor Bürogebäuden, die mal das Posttechnische Zentralamt in der Hilpertstraße waren. „Papyrus“ heißen sie, sagte Andrea Rohrmann. Und wer vom Stil her an das Kunstwerk „Grande Disco“ beim Staatstheater denke, liege richtig, erklärte sie. Beides sei vom italienischen Bildhauer Arnaldo Pomodoro.
In der Robert-Bosch-Straße sind das Technologie- und Innovationszentrum, das frühere Hauptgebäude der Bosch Fernseh GmbH, später BTS (Broadcast Television Systems) und das europäische Raumflugkontroll- und Missionsplanungszentrum ESOC. „Das ESOC kam 1967 nach Darmstadt, weil es schon einige Einrichtungen gab“, erklärte Andrea Rohrmann. Standortfaktoren waren damals die Technische Hochschule, das Fernmeldetechnische Zentralamt der Bundespost, das Deutsche Rechenzentrum und das 1963 gegründete „European Space Data Analysis Centre“. Das Ende von BTS in Darmstadt, war der Anfang für die Stadtentwicklung westlich des Hauptbahnhof, so die Stadtführerin.