40 Jahre lang hat der Sozialarbeiter Heribert Varelmann im Darmstädter Stadtteil Kranichstein gearbeitet. Auch im Ruhestand wird er weiter für das Viertel aktiv sein.
Von Marc Wickel
Der Kranichsteiner Sozialarbeiter Heribert Varelmann (66), wird auch im Ruhestand die Stadtteilrunde Kranichstein leiten.
(Foto: Marc Wickel)
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DARMSTADT - „Unbekannte Autodiebe haben in der Nacht zum Pfingstsonntag einen roten Opel Kadett in den Brentanosee versenkt.“ So beginnt eine Polizeimeldung von 6. Juni 2006. Das Auto, das noch aus dem See ragte, gehörte dem städtischen Sozialarbeiter Heribert Varelmann, den viele Kranichsteiner als Organisator und Leiter der „Stadtteilrunde Kranichstein“ kennen.
„Morgens hatte sich die Polizei bei uns gemeldet“, erinnert er sich im Gespräch mit dem ECHO. Das Cabrio war aufgebrochen sowie kurzgeschlossen worden und nach sechs Uhr morgens im See entdeckt worden. Von den Tätern keine Spur. „Mein Sohn Niels ist mit der Polizei zum See gefahren und hat ein paar Fotos gemacht“, erzählt Heribert Varelmann.
Das Auto im See kam immer mal wieder in Anspielungen vor, so auch vergangene Woche auf dem Transparent zu seiner privaten Abschiedsfeier aus dem öffentlichen Dienst. Die vergangenen Jahre hatte der Sozialarbeiter den Sozialdienst in Arheilgen, Kranichstein und Wixhausen koordiniert.
Für Heribert Varelmann hat nun ein neuer Lebensabschnitt begonnen, er ist mit 66 Jahren, nach 40 Jahren als städtischer Angestellter, in Rente gegangen. Kranichsteiner, der er 1979 durch Zuzug auch wurde, bleibt er.
Vor 19 Jahren hatte Varelmann im Rahmen der „Sozialen Stadt“ das Bürgerbeteiligungsformat „Stadtteilrunde Kranichstein“ entwickelt. Aus einem nicht-öffentlichen Hauptamtlichentreff machte der Sozialarbeiter die öffentliche Stadtteilrunde. „Ich wollte und will die Gruppen, Vereine und Kirchen, die es hier gibt, wirksam werden lassen“, erklärt er. „Eine Gesellschaft wird nicht funktionieren, wenn es nur um Effizienz geht.“ Das von Bund, Land und Kommune finanzierte Stadtentwicklungsprogramm „Soziale Stadt“ läuft in Kranichstein aus. 7,5 Millionen Euro für Baumaßnahmen plus rund elf Millionen Euro für Sozialprojekte sind in den Stadtteil investiert worden.
Erfahrungen aus Kranichstein kommen in anderen Stadtteilen an. „In der Lincoln-Siedlung sind mit ‚Wohnsinn‘ und der ‚Neuen Wohnraumhilfe‘ auch Akteure mit Kranichsteinerfahrung“, sagt Varelmann.
Als Leiter der Stadtteilrunde bekam er auch mal Ärger mit dem Dienstherrn. Vor rund zehn Jahren hatte sich Heribert Varelmann in der Runde für den Erhalt der Meldestelle im Kranichsteiner Bürgerbüro ausgesprochen. Woraufhin ihn der damalige Oberbürgermeister abmahnte, weil das nicht die offizielle Linie war.
Die Stadtteilrunde tagt etwa alle zwei Monate, Bürger, Einrichtungen, Vereine, Initiativen und Behörden tauschen sich aus. Baumaßnahmen werden vorgestellt und auch hart diskutiert. Anwohnerkritik in der Runde hatte zum Beispiel 2010 verhindert, dass der Pfannmüllerweg teilweise gesperrt wurde.
„Kranichstein wird weiter ein Stadtteil bleiben, um den man sich viel kümmern muss“, ist Heribert Varelmann überzeugt, „trotz ‚Sozialer Stadt‘ ist Kranichstein noch kein Selbstläufer.“
Der Rentner Varelmann bleibt Vorsitzender des Fördervereins Kranichstein (gewählt wurde er 2015) und wird auch weiter die Stadtteilrunde leiten. „Ich habe mich gerade für einen Chor angemeldet“, blickt er auf ein neues Vorhaben. Zudem ist er Vater von drei erwachsenen Kindern und seit zehn Jahren Großvater. Und das Auto im See? „Ein halbes Jahr später habe wir den wieder in Gang gebracht“, blickt Heribert Varelmann zurück. Der Kadett sei dann noch einige Jahre gefahren.