Ein Astronaut will hoch hinaus - Matthias Maurer erklärt in...

Ein Blick auf unseren Planeten: ESA-Astronaut Matthias Maurer an dem Modell einer Ariane 5 in der Centralstation. Dort berichtet er aus dem Arbeitsalltag.

Matthias Maurer wird voraussichtlich 2020 oder 2021 ins All fliegen. Am vergangenen Montag, während des ESA-Wissenschaftstags, ging er in der Darmstädter Centralstation auf...

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DARMSTADT. In Straßenkleidung kann ESA-Astronaut Dr. Matthias Maurer nahezu unerkannt durch die Darmstädter Centralstation laufen. Aber sobald der Ingenieur im blauen ESA-Overall auftaucht, bilden sich Schlangen mit Menschen, die ein Autogramm, ein Foto oder ein Gespräch mit ihm wollen. Am Montag war ESA-Wissenschaftstag, neben Maurer waren auch Mitarbeiter vom Esoc (dem ESA-Zentrum für Satelliten-Betrieb) und dem Wettersatellitenkontrollzentrum Eumetsat gekommen. Im Publikum in der vollen Halle saßen die französische Generalkonsulin Pascale Trimbach und der FDP-Bundestagsabgeordnete Till Mansmann aus Heppenheim. Matthias Maurer, dessen Flug ins All voraussichtlich 2020 oder 2021 sein wird, ging auf aktuelle Experimente auf der ISS mit Alexander Gerst ein.

Neue Erkenntnisse zu Muskelschwund im All

Unter anderem untersuche "Astro-Alex" den Muskel- und Knochenschwund in der Schwerelosigkeit genauer, schilderte der Ingenieur. Man schaue, wie Sport und Ernährung auf der ISS dem künftig besser entgegenwirken können. Außerdem werden verschiedene Einsatzmöglichkeiten für 3D-Drucker untersucht. "Heute kann man damit aus Pulver ein Bauteil aufbauen", erklärte Matthias Maurer. Damit müsse man nicht mehr jedes Bauteil mitnehmen, sondern könne es bei Bedarf drucken. Sehr große 3D-Drucker wolle man auch einsetzen, um aus Mondsand die Gebäude einer künftigen Mondstation zu bauen.

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Und in zwei Wochen stünden zwei sogenannte Weltraumspaziergänge für Alexander Gerst an, blickte Maurer voraus. "Aufgabe wird sein, Batterien zu tauschen." Gerst und seine Kollegen müssen dabei Adapterplatten für die neuen effektiveren Batterien montieren. Dr. Robert Meisner vom Europäischen Weltraumforschungsinstitut der ESA in Frascati, Italien, erläuterte den Stand der Aeolus-Mission. Der Satellit, der Feuchtigkeitsverteilung, Strömungs- und Windverhältnisse in der Atmosphäre messen soll, war am 22. August gestartet. "Im Moment ist der Plan, am Donnerstag zu schauen, ob alles funktioniert", sagte Meisner.

Während der Fragerunde blickte ein Zuschauer unter anderem auf die Lehrerausbildung in den Mint-Fächern und hinterfragte die hohen Anforderungen für das Fach Physik, die Absolventen am Ende eher in die besser bezahlte Industrie als in die Lehrerzimmer führen würden. "Es ist wichtig, Lehrerinnen und Lehrer auf hohem Niveau auszubilden", sagte die Landtagsabgeordnete und ehemalige Kultusministerin Karin Wolff (CDU). Der Staat habe als Arbeitgeber andere Vorteile als die Industrie.

Matthias Maurer erklärte im Gespräch mit dieser Zeitung, das Fach Physik sei "unheimlich wichtig" für die Astronautenausbildung. "Aber die Lehrer verlieren die Schülerinnen und Schüler viel zu früh", bedauerte er. "Mich hat am meisten der hohe Grad an Öffentlichkeitsarbeit überrascht", erinnerte sich Matthias Maurer an seine Astronautenausbildung. Auch die Bedeutung der sozialen Netzwerke habe zugenommen, sie besaßen 2008, im Jahr seiner Bewerbung, noch einen ganz anderen Stellenwert.

Hauptaugenmerk bei der Astronautenauswahl wird auf die Teamfähigkeit gelegt, nannte der Ingenieur einen weiteren Faktor. So sei man beispielsweise gemeinsam sechs Tage in einer Höhle unterwegs gewesen. Oder man bekomme als Mitglied in einem Zwei-Personen-Team nur jeweils 50 Prozent der Informationen und müsse dann kooperieren. Eine der wichtigsten Fortschritte der vergangenen Jahre in der Raumfahrt ist für Matthias Maurer keine spezielle Technik, sondern der Übergang zur kommerziellen Raumfahrt. "Dadurch ist der Weltraum zugänglicher geworden", sagte der Astronaut.