Eberstädterin berät beim Eintritt in den Ruhestand

Auch der Ruhestand muss gestaltet werden, sonst tut sich schnell ein seelisches Loch auf. Annette Hempel hilft Menschen dabei, mit diesem neuen Lebensabschnitt zurechtzukommen.Foto: Andreas Kelm  Foto: Andreas Kelm
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Ab wann sollte man sich Gedanken über seinen Ruhestand machen? Ein Jahr vor Rentenbeginn mindestens, rät die Supervisorin und Betriebswirtin Annette Hempel (46). Mit...

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DARMSTADT. Ab wann sollte man sich Gedanken über seinen Ruhestand machen? Ein Jahr vor Rentenbeginn mindestens, rät die Supervisorin und Betriebswirtin Annette Hempel (46). Mit „Silber-Coaching“ unterstützt sie in ihrer Eberstädter Praxis Berufstätige und Frührentner bei der sorgfältigen Vorbereitung auf eine schwierige Lebensphase.

Zwar träumen viele Arbeitnehmer davon, nicht mehr jeden Tag arbeiten gehen zu müssen und ausschlafen zu können. Wenn es dann soweit ist, nehmen sie sich vielleicht vor, endlich den Keller aufzuräumen oder die Wohnung zu renovieren. Aber solche Beschäftigungen können auf Dauer niemanden ausfüllen. Rentnern und Pensionären wird schnell bewusst, dass ein sinnhafter Teil ihres Lebens plötzlich weggebrochen ist und Partner oder Partnerin keineswegs begeistert davon sind, wenn sie ihnen ständig auf der Pelle hocken. Traditionelle Lösungen wie „ich werde jetzt ganz für meine Kinder und Enkel da sein“ sind obsolet, weil viele Söhne und Töchter in anderen Städten oder gar Ländern leben. Es droht der Fall in ein tiefes seelisches Loch.

Auf einem Tischchen in Annette Hempels Sprechzimmer steht eine Box mit Taschentüchern. Gespräche über die Ruhestandsplanung setzen nämlich oft eine Assoziationskette in Gang, berühren Vergangenes und manchmal Schmerzhaftes. Und dann fließen Tränen. „Das A und O der Kommunikation ist die Rückfrage“, sagt Annette Hempel. Mit Fragen wie „was war für Sie das Wichtigste im Job?“ hilft sie ihren Klienten, die Eigenwahrnehmung zu schärfen und sich ihrer Stärken bewusst zu werden. Und zwar nicht nur solchen, die sie im Berufsleben trainiert haben, sondern auch den verschütteten, die nie so recht zum Zuge kamen. Bei ihrer eigenen Mutter hat Annette Hempel erlebt, dass diese – mit erstaunlich guten Ergebnissen – ihr Talent zum Malen wiederentdeckte.

Alle Ruheständler in spe eint der Wunsch, weiterhin nützlich zu sein, etwas zu bewirken und zu gestalten. „Ein wichtiger Antreiber ist die Anerkennung“, erklärt Annette Hempel. Die muss man sich nach dem Berufsende auf anderen Gebieten erarbeiten. Wer viele Jahre einen leitenden Posten hatte, merkt auf einmal, dass seine Chefautorität nicht mehr wirkt und er sich in einer Gemeinschaft Gleichwertiger zurechtfinden muss. Mit unterschiedlichen Mitteln wie Stärkenkarussell, Metaphern und Bilderkarten hilft die Eberstädterin ihren Klienten, eine neue Spielfläche zu finden, auf der sie Anerkennung bekommen können. Von Vorteil ist es, wenn man schon ein ausbaufähiges Hobby hat. Das kann die Fotografie sein, die Beschäftigung mit der Kunst, die Unterstützung sozialer oder auch ökologischer Projekte. In Darmstadt fehlt es nicht an entsprechenden Angeboten.

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Den Veränderungsprozess fördernd begleiten

Annette Hempel sieht ihre Aufgabe darin, den Veränderungsprozess von Sitzung zu Sitzung fördernd zu begleiten und den Klienten Denkaufgaben zu stellen. Sie nennt sie „Gedankenfische“, denn sie sollen im Kopf herumschwimmen, bis sich die endgültige Richtung abzeichnet. Voraussetzung für das „Silber-Coaching“ sei, dass der Klient motiviert ist und ein Ziel vor Augen hat, sich aber über den Weg dorthin nicht im Klaren ist.

Nach Abschluss des Coachings, das sich – je nach individueller Absprache – im Zwei- oder Vier-Wochen-Abstand über ein halbes bis dreiviertel Jahr erstreckt, hält Annette Hempel weiterhin lockeren Kontakt zu ihren Klienten. Manche verfolgen das angepeilte Ziel konsequent, andere erreichen es auf Umwegen, weil sie mit bestimmten Hürden nicht gerechnet haben. Aber es gibt auch „Wiederholungstäter“, die vor neuen, unerwarteten Herausforderungen stehen. Und die wollen sie dann auch mit Annette Hempels Unterstützung anpacken.