Über die hessischen Schullandschaften diskutierten Parteienvertreter vor der Landtagswahl in der Darmstädter Lichtenbergschule.
DARMSTADT. Bis auf den Vertreter der CDU war man sich auf dem Podium in der Lichtenbergschule darüber einig, dass es in Sachen Schulen und Bildung noch sehr viel zu tun gibt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Darmstadt und der Stadtelternbeirat (StEB) hatten die Bildungsexperten der im Hessischen Landtag vertretenen fünf Parteien zum Gespräch „Für die Schule nur das Beste?“ geladen.
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Weniger Streitgespräch als ein Abfragen von kurzen Statements war geplant und das funktionierte auch weitgehend. Zwei Elternbeiräte stellten vor mehr als 120 Gästen Fragen an Tim Huß (SPD), Mathias Wagner (Grüne), Lutz Köhler (CDU), Wolfgang Greilich (FDP) und an die Vertreterin der Linken, Gabi Faulhaber.
Wie zu erwarten kam von den Oppositionsparteien deutlich schärfere Kritik als von den Regierungsparteien, aber Mathias Wagner blieb grundsätzlich doch kritisch, was die bisherige Schulentwicklung betraf. Die Geldfrage bestimme alle Bereiche: Schulgebäude, Unterrichtsqualität, Inklusive Beschulung und Ganztagsschule. Der Kommunale Finanzausgleich habe mit 20 Prozent Mehreinnahmen viel Geld in die Kassen gespült, so Wagner, dennoch müssten die vergangenen Investitionsprogramme erneut aufgelegt und das Land dabei in die Mitverantwortung genommen werden.
Von einem „Sanierungsstau“ sprach Faulhaber und forderte eine andere Steuerpolitik („Reichensteuer“), um das unzureichende Kommunale Investitionsprogramm deutlich aufzustocken. Die Investitionen könnten die kommunalen Träger nicht alleine stemmen. „Die Schulen sind das Aushängeschild für unsere Gesellschaft“, meinte auch Huß. Bund und Land müssten sich verantwortlich fühlen. Auch Greilich forderte mehr Landesgelder.
Thema Bildungsqualität: Angesichts der zunehmenden Zusatzaufgaben der Schulen und inhomogener Klassen, sprachen sich alle Parteien vehement, Köhler nur verhalten, für „multiprofessionelle“ Arbeitsteams (Greilich) aus, also mehr Sozialpädagogen, Förderpädagogen bis hin zu Verwaltungsassistenten. Mehr pädagogische Freiheit für Lehrer bei der Gestaltung des Unterrichts wünschte sich Wagner, bezahlte Arbeitszeit für eine rechtzeitige Ausarbeitung von Konzepten Faulhaber.
Die Ganztagsschule sei ein Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit und -qualität, dürfe aber nicht zur zahlungspflichtigen Nachmittagsbetreuung werden, sondern müsse gut durchstrukturiert Lerneinheiten kostenfrei bieten (Huß). Greilich plädierte für frühkindliche Bildungsarbeit. Da Schulen in Problemgebieten mehr leisten müssten, sollten sie auch besser ausgestattet werden, befand Wagner. Endlich eine strategisch durchdachte Umsetzung von Inklusion bis zur Zusammenführung aller Schülerinnen und Schüler gemäß dem Auftrag der UN forderten Grüne, SPD und Linke.
Einen kleinen Tumult gab es, als Köhler sich mit einer Lehrerquote „von 105 Prozent“ sehr zufrieden zeigte und Kritik an der GEW übte, die kurz vor der Landtagswahl eine Überlastungsanzeige zahlreicher Lehrer der Regierung überreicht hatte. Empörung und Gelächter kam daraufhin aus dem Publikum, aber auch von FDP bis Linke zeigten alle Parteienvertreter Unverständnis für Köhlers Haltung. Wagner führte erneut die multifunktional aufgestockten Teams für Lehrerentlastung ins Feld, ein Gast aus dem Publikum fragte: „Wieso nicht einfacher: In jede Klasse zwei gut ausgebildete Lehrer stecken?“