Im Prozess um ein mögliches Diesel-Fahrverbot in Darmstadt hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden am Mittwoch kein Urteil gefällt. Die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub...
WIESBADEN/DARMSTADT. Im Prozess um ein mögliches Diesel-Fahrverbot in Darmstadt hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden am Mittwoch kein Urteil gefällt. Die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub Deutschland als Kläger und das Land Hessen als Beklagte einigten sich stattdessen nach siebenstündigen Verhandlungen, außergerichtlich einen Vergleich auszuhandeln. Das Ergebnis will das Gericht am 19. Dezember verkünden. An diesem Tag wird auch über mögliche Fahrverbote in Wiesbaden verhandelt.
Der Vorsitzende Richter Rolf Hartmann sagte, der Vergleich müsse gewährleisten, dass bis Januar 2020 im gesamten Darmstädter Stadtgebiet der gesetzliche Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm eingehalten wird. Dieser Wert wird in etlichen Straßen noch deutlich überschritten, in der besonders belasteten Hügelstraße waren es 2017 noch 72 Mikrogramm.
Der Geschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, zeigte sich zufrieden: "Es ist das erste Mal gewesen, dass wir ein so konkretes Konzept bekommen haben, das auch Diesel-Fahrverbote vorsieht." Es sei auch das erste Mal, dass man sich in einem solchen Verfahren auf die Aushandlung eines Vergleichs geeinigt habe.
Hartmann ließ durchblicken, dass er zur Einhaltung des Grenzwerts Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in der Hügelstraße und in der Heinrichstraße für notwendig hält. Resch sagte, dass man in allen Straßen, in denen der Grenzwert nicht eingehalten wird, auf entsprechende Maßnahmen drängen werde. Der Anwalt der Kläger, Remo Klinger, machte deutlich, dass man auch die Belastungen durch den möglichen Ausweichverkehr im Auge behalten werde.
Das Land hatte vorgeschlagen, die Hügelstraße für ältere, auch nachgerüstete Dieselfahrzeuge zu sperren und die Heinrichstraße zur Einbahnstraße zu machen. Vor allem Letzeres traf nicht nur beim Gericht, sondern auch bei den Klägern und den Vertretern der Stadt unter anderem wegen des Ausweichverkehrs auf Zweifel. Norbert Stoll vom Stadtplanungsamt sagte, das sei noch schlimmer als ein Fahrverbot. Die Stadt hatte bis zuletzt gehofft, mit ihrem "Green-City-Plan" Fahrverbote verhindern zu können. Zugleich hatte sie den von einem Passivsammler ermittelten Stickstoffdioxid-Wert von 72 Mikrogramm als nicht "maßgeblich" bezeichnet. Diese Sichtweise teilten weder das Gericht noch das Land und die Kläger.
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der eine automatisierte Nummernschild-Erfassung zur Kontrolle von Fahrverboten ermöglichen soll, sorgt weiter für Kritik. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, sagte, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kriminalisiere damit Autofahrer pauschal und nehme "Massenüberwachung" in Kauf. Auch die Opposition und Datenschützer kritisieren den Entwurf.
Von Joachim Nieswandt