Die Stadt erstellt einen Bericht zu Hochschul- und Erwachsenenbildung. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte eindeutig zu und betonte den Wert lebenslangen Lernens.
DARMSTADT. Man lernt nie aus, ist nicht nur eine Lebensformel, sondern auch Auftrag für Beschäftigte, Arbeitgeber, Gesellschaft und Bildungsstrukturen. Diesem Kontext widmet sich die Stadt Darmstadt. Eine Magistratsvorlage für einen zweiten, Hochschulen und Erwachsenen gewidmeten Bildungsbericht stieß in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung bei nur einer Enthaltung auf quasi einstimmige Unterstützung. Tenor: Der Start des Berufslebens beendet keineswegs die Bildung.
In Zusammenarbeit mit den entsprechenden Dienststellen soll das kommunale Bildungsmanagement besagten Bericht erstellen, der einem ersten aus 2019 folgt. Dieser galt der „Bildung im Lebenslauf“, der damit aber noch längst nicht vollendet ist. Im Fokus stand: „Frühes Kindesalter bis zum Einstieg in den Beruf“. Allein schon angesichts des hohen Anteils Studierender unter den Schulabsolventen geht Bildung weiter. Da sich Studium wie Ausbildung als Einstieg in den Beruf erfassen ließen, geht es auch um Perspektiven durch Weiter- und Erwachsenenbildung; schon sind die Volkshochschule und viele andere Akteure sowie Zielgruppen gefragt.
Der Fachkräftemangel bleibt ein sich senkendes Damoklesschwert und hat viel mit dem demografischen Wandel zu tun, der ein Überaltern der Gesellschaft beschreibt. Der Anteil (potenziell) Berufstätiger und damit auch beispielsweise in die Sozialkassen, die Rentenversicherung Einzahlender sinkt. Auch eine bevölkerungsmäßig eher junge Stadt wie Darmstadt hat sich diesen Herausforderungen zu stellen, machten die Redebeiträge im Gremium, durchweg von Vertretungen der Regierungskoalition, deutlich.
Für Bildungsdezernent Holger Klötzner (Volt) greift der allgegenwärtige Begriff Ausbildung zu kurz. „In Wahrheit lernen wir immer weiter – und bilden auch weiter“, dem soll der nun angestrebte Bericht mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns gerecht werden. Parteifreundin Jana Wilke stieß als Stadtverordnete ins gleiche Horn, wonach Bildung viel zu oft grundsätzlich erstmal als „etwas für Kinder und Jugendliche“ verstanden würde. Nun, das ist eben ein substanzieller Kern von Bildung, aber sie meint mehr und muss mehr bedeuten. Selbst die EU, kritisierte Wilke, spreche vom Übergang des Bildungslebens in das Berufsleben. Die für eigene wie soziale Identität wichtige Weiterbildung müsse „auch dem Ziel persönlicher Entwicklung gerecht werden“. Integratives Lernen soll ein Ziel bleiben, und generell: „Unsere Bildungslandschaft muss reagieren“, sieht die Stadtverordnete auch schon einen Auftrag an die Involvierten, denn: „Wir brauchen ein modernes Verständnis – für lebenslanges Lernen.“
Darmstadt biete „ein sehr umfassendes Bildungssystem“ hob Jürgen Deicke (Grüne) hervor. „Lebenslanges oder auch begleitendes Lernen“ blieben entscheidend, und gemeinsame Aufgabe sei es vor allem, vermeintlich Verlorene nicht aufzugeben. Aus Verantwortung, und weil der Arbeitsmarkt sich das im Zweifel nicht erlauben darf. Mehr als zwei Millionen Menschen zwischen 20 und 34 in Deutschland hätten keinen Berufsabschluss. „Jenseits jeder Tragik des Einzelfalls können wir uns das als Gesellschaft nicht leisten.“ Den Bedarf und den Wert von Zusatzqualifikationen für einen heute längst oft langen und flexibel zu haltenden Arbeitsweg nannte Stella Stegmann (CDU). Bei einer gegebenen „großen Anzahl an relevanten Akteuren“ bedankte sie sich schon im Voraus für das Engagement. Ihre Fraktion begrüße das Beleuchten der Vielfalt der Zielgruppe. „Nur weil ein Mensch die Schule verlässt, heißt das nicht, dass er aufhört, zu lernen.“
Die angesprochene Vielfalt einzufangen und zu erfassen, wird nicht einfach, weiß der Magistrat und schränkt damit schon ein: „Die Komplexität der Bildungslandschaft, die Akteursvielfalt sowie die teilweise schwer zugängliche Datengrundlage stellen eine Herausforderung für die Erstellung eines Bildungsberichts zur Hochschul- und Erwachsenenbildung dar. Entsprechend wird eine Fokussierung auf die Bereiche vorgenommen, auf die die Wissenschaftsstadt unmittelbar oder mittelbar Einfluss nehmen kann.“ Wie beim ersten Bildungsbericht soll aber nach Möglichkeit Expertenwissen von „innerhalb und außerhalb der Verwaltung“ einfließen. In diesem Sinne und darüber hinaus bleibt „neben formalen, abschlussorientierten Bildungsprozessen auch non-formale und informelle Bildung im Blick“. Ein klares Ziel ist der möglichst umfassende Überblickscharakter des geplanten Berichts, der außerdem zum „Fokus Bildungsgerechtigkeit – also Zugang zu Bildung für alle – Handlungsbedarfe“ identifizieren soll.