Nach 40 Jahren in Forschung und Lehre geht der Mathematiker und Informatiker Johannes Buchmann in Ruhestand. Ein Interview mit dem scheidenden Professor an der TU Darmstadt.
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DARMSTADT - Johannes Buchmann ist von Hause aus Mathematiker. Als Wissenschaftsmanager hat er die Cybersicherheitsforschung bundesweit vorangebracht. Buchmann ist zudem ein Meister in der Kryptographie, der Kunst der Verschlüsselung. 40 Jahre lang hat er gelehrt und geforscht. Am 24. Oktober hält er seine Abschiedsvorlesung an der TU Darmstadt.
Herr Professor Buchmann, wie passen Mathematik und Informatik zusammen?
Als Mathematiker habe ich mich mit der Zahlentheorie beschäftigt – aus reinem Erkenntnisinteresse heraus. Mitte der 80er Jahre hatte mir dann ein Kollege aus Kanada geraten: Wenn du Professor werden willst, kümmere dich um die Kryptographie. Den Rat habe ich befolgt und neue Verfahren entwickelt, die mit der algebraischen Zahlentheorie zusammenhingen. 1988 wurde ich zum Professor für Informatik in Saarbrücken berufen. Da war ich 34, das ging relativ schnell. 1996 wechselte ich nach Darmstadt.
Was war ihr erstes Projekt in Darmstadt?
Darmstadt liegt in der Nähe von Frankfurt, der Stadt der Banken und Versicherungen. Also dachte ich: Jetzt muss ich mal was Praktisches machen und entwickelte mit meinem Team das Cybersecurity-Projekt namens „FlexiPKI“ eine Software, die bis heute in der Bundesnetzagentur eingesetzt wird.
ZUR PERSON
Johannes Buchmann wurde 1953 in Köln geboren. Er studierte Mathematik, Physik, Pädagogik und Philosophie. Nach einer Station als Mathematiklehrer promovierte er und absolvierte ein Forschungsstipendium in der USA. Buchmann forschte in Düsseldorf und Saarbrücken und ist seit 1996 Professor für Informatik an der TU Darmstadt.
Die Abschlussvorlesung ist am 24. Oktober, 16 Uhr im Piloty-Gebäude S2/02, Hörsaal C205, Hochschulstraße 10. Anmeldungen sind bis 18. Oktober über folgenden Link möglich: http://bit.do/JBuchmann. (red)
Sie hatten auch einen guten Riecher, was die Macht von Quantencomputern angeht – und vor mehr als 15 Jahren ein neues Verfahren entwickelt, das selbst diese superschnellen Rechner nicht brechen können.
Ja, wir haben damals international das Gebiet Postquanten-Kryptographie begründet und in Darmstadt ein neues digitales Signaturverfahren entwickelt, das 2018 weltweit als erstes Post-Quantum-Verfahren standardisiert wurde.
2014 haben Sie den DFG-Sonderforschungsbereich Crossing etabliert. Was ist das besondere daran?
Es ist der erste Sonderforschungsbereich in der Cybersicherheit – eine innovative Kooperation zwischen Informatikern und Quantenphysikern. In diesem Sonderforschungsbereich habe ich auch mein vorläufig letztes Forschungsthema angefangen: Die Langzeitsicherheit. Mit Kollegen aus Japan arbeiten wir beispielsweise an der Sicherheit von Gesundheitsdaten.
Parallel zur Forschung waren Sie immer auch Wissenschaftsmanager. Sie waren von 2001 bis 2007 Vizepräsident an der TU Darmstadt, hatten sich für das Amt des Präsidenten beworben, setzten sich aber nicht gegen Hans Jürgen Prömel durch. Ihre Lust am Mitgestalten haben Sie dadurch aber nicht verloren? Als Vizepräsident von Johann-Dietrich Wörner hatte ich viel Gestaltungsspielraum. Wir haben die Uni damals ein Stück mehr in Richtung Forschungsuniversität orientiert. Dann ging Wörner als Vorstandsvorsitzender zum Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum nach Köln. Es standen neue Wahlen an, ich wurde nicht gewählt, nahm eine Auszeit, ging für drei Monate in die USA und baute dann 2008 mit meiner Kollegin, der Informatikerin Claudia Eckert und vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, das Loewe-Zentrum „Cased“ auf.
Ziel von „Cased“, dem Center for Advanced Security Research Darmstadt, ist die Erforschung und Entwicklung neuer Sicherheitslösungen. Später wurde das Nationale Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit (Crisp) daraus. Was zeichnet diese Projekte aus?
Letztlich handelt es sich dabei um Forschungsprojekte, in denen junge Wissenschaftler eine Entwicklungschance bekommen und wir in Darmsadt Exzellenz entwickeln können. Deshalb erhält die TU Darmstadt auch signifikante Unterstützung vom Bund für das neue Forschungsgebäude für Cybersicherheit am Kantplatz.
Beim Wettbewerb um den Titel Exzellenzuniversität hat die TU hingegen schlecht abgeschnitten und damit staatliche Fördermittel in Millionenhöhe verpasst. Woran liegt das?
Hessen war flächendeckend nicht erfolgreich, ein einziger Cluster ist hier gewonnen worden. Meiner Meinung nach sollte sich die langfristige Forschungsförderung stärker auf die Universitäten konzentrieren. Dass wir zum Beispiel in Darmstadt beim Thema Cybersicherheit so gut dastehen, liegt ganz wesentlich an der TU Darmstadt. Das sollen die Politiker noch stärker in den Blick nehmen, dann kann das in Zukunft auch mit der Exzellenz klappen.
Welche Pläne haben Sie für ihren Ruhestand?
Ich habe bereits ein Buch angefangen über angewandte Postquanten-Kryptographie. Ich koordiniere zudem ein Leopoldina-Projekt zum Thema Digitalisierung und Demokratie. Außerdem habe ich 2018 die Ausbildung zum Lehrer für Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion abgeschlossen, gebe seitdem Kurse und biete offene Medidationsabende an. Achtsamkeit verbessert das Leben: Es gibt sehr viele wissenschaftliche Indizien dafür, dass das stimmt.