Dem Klinik-Alltag entfliehen

Julia (vorne) auf dem Pferd Fiona und Johanna auf Kobold sind froh für die Zeit, die sie mit Reiten verbringen können. Beide müssen die Sommerferien in den Kinderkliniken Prinzessin Margaret verbringen, sind allerdings nicht ans Bett gefesselt. Foto: Dirk Zengel  Foto: Dirk Zengel

Justus ist ein ruhiges Pferd. Ein Tier, auf dem sich Menschen, die zum ersten Mal reiten, wohlfühlen. Damit ist er bestens geeignet für das Sommerferienprojekt, das der...

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DARMSTADT. Justus ist ein ruhiges Pferd. Ein Tier, auf dem sich Menschen, die zum ersten Mal reiten, wohlfühlen. Damit ist er bestens geeignet für das Sommerferienprojekt, das der Reiterverein an der TU Darmstadt unter dem Titel „Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“ gemeinsam mit den Kinderkliniken Prinzessin Margaret durchführt.

Zweimal die Woche haben junge Patienten aus den Kinderkliniken, die sich dort in Behandlung befinden, die Möglichkeit der pferdegestützten Therapie auf der Reitanlage hinter dem Georg-Christoph-Lichtenberg-Haus. Das heilpädagogische Reiten solle Kindern und Jugendlichen zu mehr Selbstvertrauen verhelfen und es ihnen ermöglichen, einmal dem Klinik-Alltag zu entfliehen, erklärt die Projektleiterin, Diplom-Psychologin Patricia Gill-Schultz, während einer Reitstunde.

In der überdachten Reitbahn ist an diesem Tag viel los: Gleich vier Projektteilnehmer sitzen auf den Pferden, die gemächlich ihre Runden laufen. Die angehenden Reiter können nach drei Wochen Unterricht schon selbstständig lenken – selbst wenn es darum geht, eines der blauen und gelben Hindernisse auf dem Boden geschickt zu umrunden.

„Pferde und Trainer haben mir die Angst vor dem Reiten genommen“, erzählt Teilnehmerin Katharina. Das Trainieren hier, so strahlt sie, mache großen Spaß. Den anderen teilnehmern aus der Gruppe geht es ähnlich, „sie fiebern auf die beiden Reit-Tage hin, können es kaum erwarten“, berichten zwei Mitarbeiterinnen aus Tagesklinik und stationärem Bereich der Kinderkliniken Prinzessin Margaret. Es sei deutlich zu spüren, dass alle gelöster und lockerer seien – „auch im Umgang mit den Tieren“.

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Geritten wird auf den speziell ausgebildeten Therapie-Pferden Fiona, Kobold, Weltino und Justus sowie den Ponys Paula und Pauline, die nach Angaben von Patricia Gill-Schultz etwas schwieriger zu handhaben sind. „Sie haben einfach ihren eigenen Kopf“, lacht sie.

Einstellen müsse man sich aber auf jedes Pferd, weswegen die Tiere auch eine enorm schulende Wirkung hätten. „Die Herausforderung ist es zusammenzuarbeiten und es gemeinsam noch einmal zu probieren, wenn etwas nicht auf Anhieb gelingt. Das Pferd alleine ist dabei schon das Korrektiv“, sagt sie. Noch dazu seien die Tiere sehr sensibel, reagierten auf Körpersprache und ohne, dass viel Kraft aufgewendet werden müsse.

Die auf dem Sandboden der Halle verteilten Hindernisse sollen dabei unterstützend wirken, sicherer im Sattel zu werden. Einige aus der Gruppe haben es auch schon richtig gut drauf, umschiffen die Matten, die im Weg liegen, und dirigieren ihre Pferde ganz professionell. Für die Gruppe ist der Vorteil der Pferde-Therapie sonnenklar: „Die enge Zusammenarbeit mit den Tieren tut einfach unglaublich gut“, heißt es unisono.

Vorfreude auf die restliche Zeit

In diesem Jahr haben die jungen Patienten aus den Kinderkliniken Prinzessin Margaret außerdem die Möglichkeit, die sechs Wochen der Sommerferien erstmals am Stück zu trainieren. „Bis 2016 waren die Kinder und Jugendlichen der Tagesklinik und jene der Station getrennt hier – jede Gruppe drei Wochen lang. Diesmal ist das anders und dadurch effektiver“, berichtet eine der Betreuerin.

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Auf die restliche Zeit freue sich die ganze Gruppe: „Manche wollen schon jetzt gar nicht mehr runter vom Pferd“, heißt es abschließend.

Von Miriam Gartlgruber