Übergesprudelt ist die Quelle des Darmbachs im Südosten Darmstadts ja noch nie. Nun ist sie gänzlich trocken gefallen - zum ersten Mal seit 80 Jahren, wie Hessen-Forst mitteilt. Angler und Forstexperten warnen vor ökologischen Konsequenzen.
Von Sabine Schiner
Lokalredakteurin Darmstadt
Der Darmbach führt kaum Wasser - ein Wasserspielplatz im Wald hinter der Lichtwiese ist derzeit eine schlammige Angelegenheit. Foto: Guido Schiek
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DARMSTADT - Übergesprudelt ist die Quelle des Darmbachs im Südosten Darmstadts ja noch nie. Nun ist sie gänzlich trocken gefallen - zum ersten Mal seit 80 Jahren, wie Hessen-Forst mitteilt.
Es ist ein schattiges, kühles Plätzchen, an dem der Darmbach unweit des Ausflugslokals "Fischerhütte" einer gemauerten Einfassung entspringt. Das Brünnchen stammt aus dem Jahre 1937. Kurioserweise ist dort "Darmquelle" und nicht "Darmbachquelle" in Großbuchstaben in Stein gehauen worden.
Gespeist wird der Bach aus mehreren kleinen Quellen, deren Wasser aus dem Boden sickert. Diese Sickerquellen sind auf durchlässige und aufnahmefähige Böden angewiesen sowie auf regelmäßige Niederschläge, heißt es dazu bei Hessen-Forst.
Normalerweise plätschert das Wasser aus dem Rohr des Brunnens in eine flache Wanne. Von dort aus fließt der Darmbach dann weiter zu den Fischteichen am Schnampelweg, hin zum Botanischen Garten, weiter in den Großen Woog und von dort unterirdisch zur Kläranlage. Doch es kommt immer weniger Wasser an. Der Wasserspiegel des Großen Woogs ist, wie bereits berichtet, um etwa 70 Zentimeter unter Normalpegel gesunken.
"SCHLIMMER GRABEN" UNTER "STEINERNEM GEWÖLB"
Der Darmbach entspringt in der Messeler Hügellandschaft südöstlich von Darmstadt am Oberjägermeisterteich. Der Teich gehört zu den drei Mini-Seen, die einst August Friedrich von Minigerode (1687-1747, hessischer Oberforst- und Oberjägermeister, später Geheimrat und Premierminister der Landgrafschaft) im Jahr 1700 hatte anlegen lassen. Seine Nachkommen überließen die Becken der städtischen Teichmeisterei. 1823 wurden dann zwei davon trockengelegt und aufgeforstet.
Wann die Bezeichnung Darmbach aufkam, ist nicht überliefert. Östlich des Botanischen Gartens hieß er "Blimbach", innerhalb der Stadt nannte man ihn nur "die Bach". Im Stadtgebiet diente er nicht nur als Frischwasserlieferant, sondern auch zur Entsorgung der Abwässer. In alten Flurkarten wurde er aufgrund seiner starken Verschmutzung als "Schlimmer Graben" bezeichnet und deshalb 1786 "unter steinernes Gewölb verlegt". 1994 wurden die Darmbachauen und der obere Verlauf des Baches samt angrenzender Feuchtwiesen unter Naturschutz gestellt (Quelle: Stadtlexikon Darmstadt).
Bereits Mitte Juni hatte der Mühltaler Revierförster Rudolf Schilling auf die trockene Quelle aufmerksam gemacht. Aktuell, so heißt es bei Hessen-Forst, führt der Darmbach nur unterhalb der Waldteiche Wasser - und zwar sehr wenig. "Etwas Wasser strömt auch aus dem Albertsbrunnen und den Waldteichen zu, die durch die Regenfälle vorerst noch genügend Wasser haben", teilt der Landesbetrieb mit.
Beunruhigt sind auch die Mitglieder des Angelverein Darmstadt. "Wir können nach unseren Recherchen nicht mit Sicherheit sagen, ob beziehungsweise wann die Darmbachquelle jemals trocken gefallen war", sagt Gewässer- und Hegewart Patrick Heinz. "In den letzten 30 Jahren ist dies jedoch sicher nicht passiert." Trockengefallen sei auch der Ruthsenbach, für den die Angler eine Bachpatenschaft übernommen haben. Lediglich in tieferen Gumpen sei dort noch Wasser vorhanden. Heinz warnt, gemeinsam mit den Forstexperten, vor ökologischen Konsequenzen: "Wenn in Zukunft häufiger extreme Wetterereignisse auftreten, dann sind auch ökologische Folgen für wassergebundene Tiere und Pflanzen absehbar." Sorgen machen sich die Gewässerexperten vor allem über die Kombination von großer Hitze und Starkniederschlägen sowie damit verbundene erosionsbedingte Einträge in die Gewässer.
Schuld am Wasserengpass ist laut Hessen-Forst die Trockenheit im vergangenen Herbst und Winter. So fiel etwa im Winter 2016/2017 nur 36 Prozent der sonst üblichen Niederschlagsmenge. Auch die Monate März, April und Juni waren zu trocken und führten dazu, dass im Frühjahr die Stufe 5 der Waldbrandalarmstufe ausgerufen werden musste.
"Normalerweise wird im Winter der Bodenwasserspeicher durch Niederschläge wieder aufgefüllt. Quellen können dann im Frühjahr wieder sprudeln und Bäume wieder aus dem Vollen schöpfen - aber das ist nun ausgeblieben", so Laurenz Pries, Förster vom Bessunger Forst. Im Westwald bahne sich ein Desaster an: In den sandigen Böden sterben flächenweise Kiefern ab.
Auch die Regenfälle der letzten Woche konnten den Grundwasserspiegel nicht ausreichend anheben. "Das Regenwasser wurde größtenteils über die harten, ausgetrockneten Böden gleich weggeschwemmt; Wasser, was etwas einsickern konnte, wurde von den Bäumen und Pflanzen im Wald direkt aufgenommen", so der Angelverein.
Wie es beim Darmstädter Forstamt heißt, führen im Ostwald auch Dieters-, Kahlert-, und Küchlerbrunnen kein Wasser und sind versiegt. "Das Problem wird sich mit der Klimaveränderung verschärfen, und es ist erschreckend, welche Auswirkungen bereits ein viel zu trockener Winter hat", so Pries. Die Datenreihen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie zeigten, dass die Hitzetage mit einer Durchschnittstemperatur von über 30 Grad in den kommenden Jahrzehnten in Hessen zunehmen. Solche Temperaturzunahmen erhöhen vor allem den Druck auf Kleingewässer mit ihren geringen Wassermengen und -tiefen. "In Zukunft wird es voraussichtlich öfter dazu kommen, dass den kleineren Fließgewässern rund um Darmstadt das Wasser ausgeht. Auch in Teichen und Seen ist mit Wassermangel und Temperaturhöchstwerten zu rechnen", so das Fazit von Heinz.