„Wir wollen den Jugendlichen ermöglichen, Kirche einmal anders zu erleben“: Das ist nach Worten von Isabel Schrickel, Vorsitzende der evangelischen Jugend im Dekanat...
KRANICHSTEIN. „Wir wollen den Jugendlichen ermöglichen, Kirche einmal anders zu erleben“: Das ist nach Worten von Isabel Schrickel, Vorsitzende der evangelischen Jugend im Dekanat Darmstadt, ein Ziel des Dekanats-Konfitages. Seit 2013 wird die Veranstaltung jedes Jahr in einer anderen Darmstädter Gemeinde ausgerichtet – diesmal in der Philippusgemeinde in Kranichstein, die am Samstagmorgen die Tore des Ökumenischen Gemeindezentrums für 180 Konfirmanden öffnete.
Selbstversuch im Leben mit Handicap
Mit dem ersten Teil eines Gottesdienstes zum diesjährigen Motto „Sind wir alle gerecht?“ startete das Programm. Der zweite Teil sollte am Nachmittag folgen, denn: „Es war uns wichtig, die Workshops in den Gottesdienst einzubinden“, wie Schrickel betonte. Mit der zentralen Frage „Wie können wir gerechter werden?“ wurden die Jugendlichen also zunächst in ihre Wunschworkshops entlassen. Zwölf Angebote standen zur Auswahl – vom sportlichen Capoeira, einer Kampfkunst aus Brasilien, über Graffiti-Sprayen bis zum Upcycling, also Basteln mit Abfallprodukten.
Die beiden Konfirmandinnen Carla und Laetitia hatten sich für den Kurs „Leben mit Handicap“ entschieden, den es zum ersten Mal gab. Brigitte Fach von der Handwerkskammer Frankfurt leitete den Workshop. Sie hatte für die Teilnehmer allerhand zum Ausprobieren mitgebracht: einen Rollstuhl, einen Rollator, Brillen, die diverse Augenkrankheiten vortäuschen und einen Alterssimulationsanzug. Jeder durfte mal hineinschlüpfen. Auch das Fahren im Rollstuhl testeten Carla und Laetitia mit dem Fazit: „Es war schwerer, als man es sich vorstellt – besonders irgendwo hochzukommen oder um die Kurven zu fahren“.
Der Workshop habe ihnen auf jeden Fall etwas gebracht, resümierten die Dreizehnjährigen am Schluss: „Zum Beispiel, in Zukunft besser zu verstehen, wie schwer es manche Menschen haben und dass man Älteren im Bus einen Platz anbieten sollte.“
Lehrreiches gab es auch in den anderen Gruppen: So wurden im Smoothie-Workshop, den das „Foodsharing“-Team zum wiederholten Mal anbot, nur „gerettete“ Lebensmittel verarbeitet, also Essen, das sonst weggeworfen worden wäre.
Die Hauptorganisation des Konfitages hatten die beiden Teamer Philipp Wagner aus der Philippusgemeinde und Dana Reitmeier aus der Bessunger Petrusgemeinde übernommen. Das Besondere am Konfitag sei vor allem, dass er „von Jugendlichen für Jugendliche“ organisiert werde, sagten sie. Viele der sogenannten Teamer seien im vorigen Jahr selbst noch Konfirmanden gewesen und „froh, sich jetzt auch mal ausprobieren zu können“, wie Wagner berichtete.
Eine weitere Intention des Konfitages ist es, die Jugendarbeit der Gemeinde kennenzulernen. „Häufig ist es so, dass nach der Konfirmation nicht mehr viel passiert und die Jugendlichen dann die Anbindung an die Gemeinde verlieren“, sagte Philipp Wagner. Am Dekanats-Konfitag in der Philippusgemeinde hatten die Erwachsenen, wie Stadtjugendpfarrer Eckhart Friedrich, daher nur wenig zu melden: „Wir bleiben im Hintergrund, kümmern uns um Material und Verwaltung“, sagte er.
Zum Abschluss gab es für die Konfirmanden noch eine Überraschung: Nach einem letzten Segen konnten sie Luftballons fliegen lassen, bevor es für alle nach Hause ging.
Von Miriam Gartlgruber