Darmstadt: Wohnsinn Bessungen baut in der Lincoln-Siedlung
Von Alexandra Welsch
Mitarbeiterin Lokalredaktion Darmstadt
Das noch zu bauende Wohnsinnhaus soll am künftigen zentralen Quartiersplatz der Lincoln-Siedlung entstehen. Foto: Torsten Boor
( Foto: Torsten Boor)
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DARMSTADT - Bagger und Baumaschinen brummen nebenan geschäftig im Neubaumodus. Nicht mehr lange, dann wird auch auf dem Nachbargrundstück geschafft, wo gerade Annelotte Rothermel und Kornelia Müller stehen mit einer Bauzeichnung in der Hand. Dann wird der verwaiste Wohnblock in ihrem Rücken abgerissen und macht Platz für ein weiteres neues Wohnprojekt in der Lincoln-Siedlung: „Wohnsinn Bessungen“, nennt es sich.
Es ist eine frisch sich formierende Gruppe, aber mit alten Bekannten an Bord: Die 1998 gegründete Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wohnsinn eG ist ein Darmstädter Pionier für gemeinschaftliches Wohnen, hat 2003 und 2008 bereits zwei Mehrparteienhäuser im Kranichsteiner Neubaugebiet K6 errichtet, und bildet nun in der Lincoln-Siedlung zum dritten Mal das organisatorische Dach für ein ökologisch-soziales Nachbarschaftsprojekt in Selbstverwaltung.
Erster Aufruf im Herbst 2016
Gekommen ist das laut Müller und Rothermel, nachdem sich die Gruppe Wohnbunt zerschlagen hat, die sich ursprünglich für das Grundstück interessiert hatte. „Da haben wir gesagt, ist doch schade, das ungenutzt zu lassen“, erzählt Kornelia Müller von der Wohnsinn eG, die als Genossenschaft auch Grundstückseigentümer ist. Im Herbst 2016 erging ein Aufruf – auch in Richtung diverser Wohngruppen, deren Vorhaben noch nicht zur Umsetzung gekommen sind. „Und daraus wurde in großer Geschwindigkeit eine neue Gruppe gemacht.“ Außergewöhnlich sei das für Wohnprojekte, deren Aufbau sonst eher Jahre in Anspruch nehme.
FINANZIERUNG
„Sie haben das Geld – wir das Projekt“: Mit diesem Slogan wirbt das Genossenschaftsprojekt Wohnsinn Bessungen bei privaten Geldgebern um Förderdarlehen „als transparente Geldanlage mit einer guten Verzinsung“ für ein Projekt, das nicht zuletzt auch dauerhaft günstiges Wohnen bezweckt.
Der aktuelle Zinssatz liege bei 1,52 Prozent, die Untergrenze sei auf 0,6 Prozent festgelegt. Die Laufzeit betrage mindestens zwei Jahre und sei danach jederzeit kündbar mit einer Frist von sechs Monaten.
Die Höhe der Darlehen sollte mindestens 2000 Euro betragen. Wie auch bei den Wohnsinn-Projekten in Kranichstein seien aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts keine Leerstände zu erwarten, zudem werde der Grundstückswert auch in Zukunft steigen.
Interessenten können sich wenden an Wolfgang Meusel, Telefon: 71 26 01, E-Mail: WS-B.meu.meusel@t-online.de, oder an Bernd Müller, Telefon: 37 36 77, E-Mail: bernd.mueller28@onlinehome.de.
Mehr Infos zu Wohnsinn auf der Homepage: www.wohnsinn-darmstadt.de (lex)
Geplant ist ein vierstöckiger, L-förmiger Passivhausblock mit 43 genossenschaftlichen Mietwohnungen, von denen ein Drittel öffentlich bezuschusste Sozialwohnungen sein wird. Das Gebäude werde barrierearm gestaltet sein und vier rollstuhlgerechte Wohnungen enthalten. Autos dürfen nur zum Be- und Entladen anfahren, dafür stehen mehr als 100 Radstellplätze zur Verfügung. Wegen des Passivhausstandards und einer selbstproduzierten Stromversorgung über Fotovoltaikanlagen auf dem Dach sollen die Energiekosten möglichst niedrig ausfallen.
Mit einem Einzug ist erst in zwei, drei Jahren zu rechnen, aber 24 Wohnungen sind bereits reserviert. „Es ist das Projekt mit dem höchsten Anteil an Familienwohnungen“, stellt Kornelia Müller im Vergleich zu ihren anderen Objekten fest und betont: „Vor allem haben wir noch Familienwohnungen für Haushalte, die gefördert werden.“ Von den 14 Sozialwohnungen seien fünf sehr große für vier- bis fünfköpfige Familien, doch auch für Einzelpersonen seien noch geförderte Wohnungen zu haben. Geplant ist eine Kaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter, dafür müsse jeder Nutznießer eine einmalige Einlage von 750 Euro in die Genossenschaft einbringen.
Die Miethöhe für die übrigen, nicht geförderten Wohnungen steht noch nicht fest. „Die Mieten sind unterschiedlich hoch“, sagt Müller. Das hänge vom Eigenkapitalanteil ab, das die einzelnen Mitglieder in die Genossenschaft einbrächten. 200 Euro pro Quadratmeter müssten es mindestens sein. Wer mehr einbringe, müsse im Endeffekt weniger Miete beziehungsweise „Nutzungsentgelt“ zahlen. Bei Wohnsinn in Kranichstein seien es mit Einlagen 8 bis 9 Euro pro Quadratmeter. „Das wird hier ein bisschen teurer, weil die Baukosten gestiegen sind.“ Auch sei das Grundstück teurer.
Wer bei Wohnsinn Bessungen dabei sein will, muss Mitglied in der Genossenschaft werden. Derzeit seien es 30 Personen, bei den Treffen alle zwei Wochen kämen rund 40 Interessenten, der Kinderanteil liege derzeit bei circa 15. Doch eine Mitgliedschaft allein reicht nicht aus. „Wichtig ist, dass es Menschen sind, die Interesse an gemeinschaftlichem Wohnen und Nachbarschaft haben“, unterstreicht Müller. „Bei uns muss man sich einbringen.“ Etwa bei Arbeiten rund ums Haus.
Dafür bekommt man genau jene Gemeinschaft, um der es Projekteinsteigerin Annelotte Rothermel geht. „Um Kontakte zu haben auf unkomplizierte Art“, umreißt es die 65-Jährige, die derzeit noch alleine lebt. „Und dass man sich gegenseitig unterstützen kann.“ Und all das auch noch in prominenter Lincoln-Lage, denn das Wohnsinn-Haus wird direkt am neuen zentralen Quartiersplatz liegen.