Mehrere hundert Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Darmstadt und Umgebung wollen am Freitag, 15. Februar, auf dem Luisenplatz ihrem Unmut über die internationale...
DARMSTADT. Auf Bilder vermüllter Meere und halb verhungerter Eisbären müssen sich die Besucher des Luisenplatzes am Freitag gefasst machen. Mehrere hundert Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Darmstadt und Umgebung wollen zwischen 10 und 14 Uhr ihrem Unmut über die internationale Klimapolitik Luft machen. Die Initiative stammt von Schülern der Marienhöhe - die sich damit den Freitagsprotesten junger Menschen in Dutzenden anderer Städte anschließen. Demos zur besten Unterrichtszeit: Die Landespolitik sieht das mit Sorge.
Bei den "Fridays for Future" bringen inzwischen tausende von Schülern und Studenten ihren Frust über verfehlte Klimaziele auf die Straßen und Plätze. Sie folgen dem Vorbild der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg. Wie die populäre Klimaschutz-Aktivistin, demonstrieren allein am letzten Freitag Schüler in Oldenburg, Paderborn, Stuttgart, Magdeburg und Kassel. Die Darmstädter wollen da nicht nur zuschauen.
Der Marienhöhe-Schüler Rodan Zeybek, 20, gebürtiger Darmstädter, steht gerade kurz vorm Abitur. Klar, er hat gerade so einiges zu büffeln, sagt er am Telefon. Aber er sagt: "Wir leben in einer Zeit, in der man sich entscheiden muss: Will ich nur zusehen oder etwas dagegen tun?" Für sich hat er die Frage klar entschieden. Jetzt will er andere mitziehen - und ist überrascht, wie gut das funktioniert.
Vor einem Monat startete Zeybek eine offene "Whatsapp"-Gruppe. In der können sich alle informieren, die der "Fridays for Future"-Idee folgen wollen. Nach einem Tag, sagt der Oberschüler, zählte die Gruppe 150 Mitglieder. Jetzt seien es rund 500. Schon Fünftklässler seien dabei, viele Oberschüler, bis hin zu Studenten Mitte 20. Was sie eint: die Streikbereitschaft und der Frust über die Klimapolitik.
Die Plastikmüll-Pest lässt den Schüler aktiv werden
Die Forderungen benennt Rodan Zeybek so: "Echter Klimaschutz, schneller Kohleausstieg und die Minderung von Microplastik". Fernsehbilder vom Plastikmüll, der an pazifische Stränden angeschwemmt wird und diese verpestet, hätten bei ihm den entscheidenden Anstoß gegeben, sagt der Schüler. Das - und die jüngste Tendenz einiger Staaten, aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz auszusteigen, allen voran die USA. "Das kann's nicht sein", sagte er sich. Und beschloss, aktiv zu werden - nach dem Vorbild der wehrhaften Greta. Das hat auch Folgen für den Alltag der Darmstädter Familie Zeybek.
Energiesparlampen ersetzen daheim die Stromfresserbirnen. Statt Auto wird für Stadtfahrten eher mal der Bus oder das Rad benutzt. Und statt billige T-Shirts bei einer Modekette neu zu kaufen, schauen Rodan Zeybek und seine beiden Geschwister eher im Second-Hand-Laden nach Brauchbarem. "Am Anfang war eine Menge Überzeugungsarbeit nötig", sagt er über seine eigene Familienpolitik und lacht. Aber es ändere sich was. Seine Schule sei ohnedies vorbildlich, wenn es um Mülltrennung, Solar- oder Windkraft geht. Der Schulleiter unterstütze den Protest. Das Kultusministerium sieht das Ganze kritisch.
Die Idee habe "zweifellos etwas Sympathisches", sagt Sprecher Philipp Bender auf Anfrage. Aber die hessischen Schulen hätten "keine Anweisung, die Schulpflicht dafür aufzuheben". Sie müssten "selbst entscheiden, ob die Demo als "entschuldigte Fehlstunde" gelte oder nicht. Minister Alexander Lorz (CDU) hatte angesichts der wachsenden Freitagsproteste schon letzte Woche in Parlament erklärt: "Wir können deshalb keine Vier-Tage-Woche einführen."