Sicherer Platz für Zweiräder und Fußgänger an der Rheinstraße - doch der Paketbote spielt nicht mit
DARMSTADT. Ein sicherer Radweg an der von Autos und Lieferwagen umtosten Rheinstraße: Das ist zumindest auf dem Abschnitt zwischen Neckar- und Grafenstraße in nur zwei Monaten Wirklichkeit geworden. Am Dienstag übergaben Aktivisten der Initiative "Radentscheid Darmstadt" und Offizielle der Kommune den neue "geschützten Radstreifen". Er soll als Muster für viele Wege durch die Stadt dienen. Zumindest für ein paar Stunden war der Traum Realität. Dann mogelte sich ein Paketbote durch die Poller und parkte auf dem Rad- und Gehweg - was eine heftige Debatte in den sozialen Medien auslöste.
Halb auf dem geschützten Radweg und halb auf dem extra verbreiterten Gehweg sieht man den gelben Lieferwagen auf einem Foto stehen. Mehr als 500 Nutzer kommentierten das in wenigen Stunden. Viele mit Verständnis: "Naja wo soll er sonst entladen?", fragte eine Nutzerin. "Radler können ja noch um ihn herum und der steht da ja nicht Stunden lang."
Andere zeigten Herz für die geschundenen Boten. "Die Paketzusteller tun ihren Job, dafür kann auch ein Radfahrer mal eine minimale Beeinträchtigung seiner Fahrspur in Kauf nehmen!"
Die Darmstädter Fahrrad-Aktivisten bekamen einigen Spott ab. Nur wenige Kommentatoren würdigten, was da in kurzer Zeit auf die Straße gebracht wurde. "Das haben wir nur gemeinsam geschafft", sagte David Grünewald vom "Radentscheid" bei der offiziellen Eröffnung des Streifens und meinte damit Kommune und engagierte Radler. Er sei jedenfalls glücklich über die veränderte Verkehrsführung. 2,30 breit ist der neue rot markierte Radweg, "da kann man gut nebeneinander fahren und überholen". Auch die Fußgänger haben mehr Platz: Das 4,10 Meter breite Trottoir müssen sie sich nicht mehr wie bisher mit den Radfahrern teilen. Poller teilen das Ganze vom Autoverkehr ab, der nur noch eine Spur Richtung Innenstadt hat.
Lieferwagen, die die Geschäfte in der mittleren Rheinstraße beliefern wollen, können in einer 30 Meter langen Zone nahe der Grafenstraße anhalten; eine weitere Möglichkeit wird an der Saalbaustraße demnächst eingerichtet, sagt die Stadt. Das scheint aber nicht für alle zu passen - der Paketbote fand jedenfalls gleich die Lücke im System.
Daran können die Verkehrsplaner ja noch arbeiten, denn der nächste geschützte Streifen ist schon in Arbeit. Die Rheinstraße hinauf bis zur nächsten Kreuzung mit der Hindenburgstraße ist der rote Streifen schon markiert. Allein durch die Baustelle eines Anliegers, der einen Teil der Straße beansprucht, kann dieser Teil noch nicht freigegeben werden. Aber die nächsten Streifen sind schon geplant, sagen die Akteure.
Denn der neue Streifen an der Rheinstraße, 350 000 Euro teuer, ist nur das erste konkrete Ergebnis des "Vier-mal-vier-Programm" der Stadt. Dabei sollen in vier Jahren jeweils vier Millionen Euro für den Ausbau und die Verbesserung des Rad- und Fußwegenetzes in Darmstadt ausgegeben werden. In diesem Jahr wird es noch weitere sichtbare Veränderungen geben, sagt der kommunale Fahrradbeauftragte Peter Roßteutscher. So werde der Radweg an der Heidelberger Straße weiter ausgebaut und Lücken geschlossen, etwas in Höhe der aktuellen Kanalbauarbeit um die Annastraße. Seine Hoffnung: "Mit sicheren Radwegen gewinne ich noch mehr Leute fürs Fahrrad. Wir müssen auch an die denken, denen das Radfahren in der Stadt bisher zu gefährlich war, Kinder und ältere Menschen zum Beispiel."