DARMSTADT - Mit einem Festakt würdigt die Stadt Darmstadt morgen, Donnerstag, 30. November, das Jubiläum "450 Jahre Haupt- und Residenzstadt". Damit beschließt die Stadt ein Jubiläumsjahr, dessen Bedeutung in den vergangenen Monaten nur wenig Beachtung fand - obwohl mit dem Beginn der Residenz Landgraf Georgs I. am 15. Juli 1567 der Aufstieg Darmstadts begann, denn er setzte in der Zeit seiner Regentschaft wichtige Akzente für die Entwicklung Darmstadts.
Nach dem Tod Landgraf Philipps des Großmütigen ging die nördlich von Kassel bis südlich von Darmstadt reichende Landgrafschaft Hessen an seine vier Söhne. Sie wurden so Landgrafen von Hessen-Kassel, Hessen-Marburg, Hessen-Rheinfels und Hessen-Darmstadt. Die Obergrafschaft Katzenelnbogen mit Darmstadt fiel an jenen jüngsten Sohn Philipps, Landgraf Georg I. Sein Herrschaftsgebiet umfasste 1567 78 Orte mit rund 20 000 Bewohnern.
Die Landgrafschaft bestand aus den Ämtern Auerbach, Zwingenberg, Darmstadt, Dornberg, Lichtenberg, Reinheim und Rüsselsheim sowie Teile des Kurfürstentums Mainz (Bensheim, Heppenheim, Lorsch, Seligenstadt und Frankenstein), der Odenwald gehörte den Grafen von Erbach. Landgraf Georg I. war bei seinem Amtsantritt in Darmstadt gerade 20 Jahre alt und packte umgehend den Wiederaufbau des zerstörten Residenzschlosses an. Zunächst ließ Georg I. den Herrenbau und den Weißensaalbau herrichten, ebenso den Nordwest- und Westflügel. Der Wohnflügel wurde erweitert und mit Kaisersaal- und Schlosskirchenbau, Marstall, Zeughaus und neuer Kanzlei entstand bis zu seinem Tod 1596 ein ansehnliches Schloss, hinter dem er Richtung Norden auch den Herrngarten anlegte.
DIE HAUPT- UNDRESIDENZSTADT
Darmstadt entwickelte sich seit der Verleihung der Stadtrechte 1330 zur Haupt- und Residenzstadt hessischer Landgrafen und Großherzöge. Seit 1567 wurde Hessen-Darmstadt von den Nachkommen des Landgrafen Philipp des Großmütigen regiert, sie waren bis 1806 die Landgrafen von Hessen-Darmstadt und von 1806 bis 1918 die Großherzöge von Hessen und bei Rhein.
Bis 1945 war Darmstadt die Hauptstadt des Volksstaates HessenDen Status der Landeshauptstadt verlor Darmstadt nach den schweren Kriegszerstörungen an Wiesbaden.
Das Jubiläum "450 Jahre Haupt- und Residenzstadt Darmstadt" würdigt die Stadt am Donnerstag, 30. November, um 18 Uhr in der Centralstation mit einem Festakt. Es sprechen Oberbürgermeister Jochen Partsch, Wissenschaftsminister Boris Rhein und Donatus Landgraf von Hessen. Den Festvortrag hält Stadtarchivar Dr. Peter Engels. Es spielen die "Darmstädter Barocksolisten." (fho)
Georg I. war auch verantwortlich für den Bau des Darmstädter Marktplatzes, der sich bis heute in seinen Umrissen nicht wesentlich verändert zeigt: Der Landgraf kaufte dazu die Häuser an der Südseite des Schlosses, ließ sie niederreißen und den Marktplatz pflastern. Nachdem er auch die Weinberge und Gärten im Osten des Schlosses erworben hatte, entstand dort die alte Darmstädter Vorstadt - und er legte den Großen Woog an: als in Zeiten des hölzernen Hausbaus unentbehrlicher Feuerlöschteich und Wasserreservoir. Auch der Neubau des Schlosses Lichtenberg, der Ankauf des Gehaborner Hofes und das Jagdschloss Kranichstein stehen für die Ära des Landgrafen Georg I.
Dabei geriet sein Einzug in Darmstadt am 15. Juli 1567 alles andere als prunkvoll: Er kam mit kleinem Gefolge an, das Schloss war nach dem Schmalkaldischen Krieg von 1546 noch beschädigt und eigentlich nicht bewohnbar.
Landgraf Georg jedoch galt als zielstrebig und entschlossen und packte an. Nicht nur in seiner Residenzstadt - auch sonst war er voller Tatendrang: Zehn Kinder hatte Georg aus einer ersten Ehe mit Magdalena, einer Gräfin zu Lippe.
Landgraf Georg I. starb am 7. Februar 1596 mit 48 Jahren. Sein Sohn folgte ihm als Regent und Landgraf Ludwig V. Er ging als "der Getreue" in die Geschichte der Darmstädter Regenten ein, weil er als lutherischer Fürst im Dreißigjährigen Krieg treu zum katholischen Kaiser hielt.
Über die folgenden, so wechselvollen Jahrhunderte Darmstädter Stadtgeschichte etablierte sich der Name Darmstadts als Residenzstadt der hessischen Landgrafen und Großherzogen. Zu Ende ging die Regentschaft in der Residenzstadt mit Großherzog Ernst Ludwig (1868 - 1937), zu dessen Eheschließung mit Eleonore 1905 der Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe entstand. Der kunstsinnige, vielseitig Interessierte sollte die Revolution von 1918 akzeptieren, obwohl er die formelle Abdankung verweigerte. Fünfzig Jahre später, 1968, verstarb mit Ludwig Prinz von Hessen der letzte männliche Vertreter der Linie Hessen-Darmstadt.
Die Erinnerung an den jüngsten Sohn des letzten Darmstädter Großherzogenpaares und an seine Frau, Prinzessin Margaret von Hessen und bei Rhein, ist bei vielen älteren Darmstädtern noch sehr präsent. So antwortete Ludwig auf die Frage, mit welcher Anrede ihm denn im republikanischen Zeitalter zu begegnen sei gerne: "Sagen Sie einfach Herr Hessen - so heiß' ich doch." Vor zwanzig Jahren, 1997, verstarb mit Prinzessin Margaret die letzte Vertreterin der Linie Hessen-Darmstadt.
Moritz von Hessen erbte als Adoptivsohn und brachte auch das Vermächtnis der Linie Hessen-Darmstadt in die Hessische Hausstiftung ein und vereinigte so die seit 1567 getrennten Linien des Hauses Hessen.
Moritz von Hessen starb 2013. Oberhaupt des Hauses Hessen ist heute Heinrich Donatus Philipp Umberto Prinz und Landgraf von Hessen. Er wird beim Festakt in Darmstadt ein Grußwort sprechen.