Hans-Joachim Heist spricht vor dem Jahrgang elf über die Bedeutung der „Heute Show“, Kabarett und soziale Netzwerke.
Von Karin Walz
Jede Menge Fragen von Edith-Stein-Schülern hat der Schauspieler und Komiker Hans-Joachim Heist (Zweiter von rechts) beantwortet. Mit auf dem Podium sitzen Marie Bulmann (links), Vivienne Wallner und Moritz Hilbers.
(Foto: Andreas Kelm)
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DARMSTADT - Freitagabends gibt Hans-Joachim Heist regelmäßig den Choleriker „Gernot Hassknecht“ in der ZDF-Satiresendung „Heute Show“. Am Mittwochmorgen kam der in Pfungstadt lebende Schauspieler an die Edith-Stein-Schule, um mit Schülern der elften Jahrgangsstufe darüber zu sprechen, ob die „Heute Show“ einen Beitrag zur politischen Bildung leistet.
Vom Vorbereitungsteam des Leistungskurses Politik und Wirtschaft saßen Marie Bulmahn, Moritz Hilbers und Vivienne Wallner neben Heist auf dem Podium und reihten Frage an Frage – zu seiner beruflichen Laufbahn, zu Veränderungen in der Medienlandschaft, zu seiner Rolle in der „Heute Show“. In der zweiten Hälfte brachte sich dann auch das rund 120 Köpfe zählende Publikum ein.
Ein Schuss Selbstironie gehört dazu
Und um es vorweg zu sagen: Heist war durch nichts aus der Ruhe zu bringen, erzählte frisch von der Leber weg, mit teils deftiger Wortwahl und stets gewürzt mit einem Schuss Selbstironie („Ich bin ja jetzt ein alter Sack“), aber auch fest in seinen Überzeugungen. So sieht er die „Heute Show“ in erster Linie als Unterhaltungssendung – auch wenn es dort zentral um Politik gehe. Klare Sache für ihn ist zudem: „Satire darf nicht alles.“ Sie dürfe nicht menschenverachtend sein, niemanden persönlich beleidigen, meint Heist. Das bedeute aber nicht, dass immer alles „politisch korrekt“ zugehen müsse. Im Gegenteil: Gerade die Zuspitzung, die Übertreibung sei wichtig: „Nur so können wir Politiker daran erinnern, was sie mitunter für einen Scheiß reden.“
ZUR PERSON
Der Schauspieler, Parodist und Komiker Hans-Joachim Heist wurde 1949 in Seeheim-Jugenheim geboren. Ein Bauingenieurstudium brach er ab, um seinem „Drang zur Bühne“ nachzukommen. Neben Theaterengagements übernahm Heist Rollen in zahlreichen Fernsehproduktionen, darunter „Diese Drombuschs“. Kultstatus erreichte er als lautstark schimpfender Kommentator „Gernot Hassknecht“ in der „Heute Show“. Die Figur ist zudem Grundlage eines Solo-Bühnenprogramms. Zudem tritt Heist mit einem „Heinz-Erhardt“-Programm auf. (kaw)
Die Frage, ob die Satiresendung wichtig für die Meinungsbildung sei, beantwortet der gerade 70 Jahre alt gewordene Mime mit einem klaren Ja: „Junge Leute erzählen mir immer wieder, dass sie wegen der ‚Heute Show‘ angefangen haben, sich mit Politik zu beschäftigen.“ Für eine Kabarettsendung sei das ein großer Erfolg. Heist, der selbst einige Jahre Stadtverordneter in Pfungstadt war, brach eine Lanze für das politische Engagement, gerade auf der kommunalen Ebene: „Da kann man noch was bewegen. Da lernt man, wie politische Strukturen funktionieren.“ Mit seinem polternden Alter Ego „Gernot Hassknecht“ weiß sich Heist auf einer Linie: „Ich stehe zu 100 Prozent hinter den Texten.“ Mehr als gewöhnungsbedürftig sind für Heist hingegen die Reaktionen, die ihm regelmäßig über die sozialen Netzwerke entgegenschlagen: „Die sind zum Teil heftig. Das geht hin bis zu Todesdrohungen.“ Einschüchtern könne ihn das aber nicht: „Da muss man Rückgrat zeigen.“ Dass man in sozialen Netzwerken anonym „jeden Scheiß“ loswerden könne, hält er für problematisch. Er überlege sogar, ganz aus den sozialen Netzwerken auszusteigen: „Lesen tu ich die ganzen Kommentare eh’ schon lange nicht mehr. Das zieht einen zu sehr runter.“
Ob es denn einen Unterschied zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern gebe, wird Heist gefragt und stellt seine Sicht der Dinge dar: „Für uns Schauspieler war das Aufkommen der privaten Sender erst einmal positiv. Die haben nämlich höhere Gagen bezahlt. Das hat sich dann aber sehr schnell wieder eingependelt.“ Unterm Strich könne er sagen: „Mit dem Privatfernsehen wurden Unterhaltungsproduktionen seichter.“ Leider habe das auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern das Niveau runtergezogen: „Alle müssen auf die Einschaltquoten gucken.“ Heist ist überzeugt, dass politische Satire à la „Heute Show“ nur im öffentlich-rechtlichen Rahmen möglich ist: „Die Privaten haben viel zu viel Angst, Werbekunden zu verprellen.“ Der politische Diskurs brauche aber eben auch Sendungen wie die „Heute Show“.
Gebe es die gebührenfinanzierten Sender nicht, ginge nach Heists Überzeugung ein Stück Meinungsfreiheit verloren. Die sei, so betont Heist, bei der Produktion der „Heute Show“ gewährleistet. Eine Einflussnahme von politischer Seite gebe es nicht: „Es gibt höchstens mal Beschwerden nach einer Sendung. Ansonsten haben wir Narrenfreiheit.“