Bürger stellen Fragen zum digitalen Alltag

Wunschzettel:  „Schnelles WLAN kostenlos“, „Privatheit“, „weniger Technophobie“ – das schreiben Bürger den Digitalstadt-Aktiven an die Wand. Foto: Loana Schnitzspahn

Rund 450 Gäste fanden am Mittwochabend ins Kongresszentrums, wo das „große Bürgerevent Digitalstadt-Arena“ aufgesetzt wurde, wie die Veranstalter es nannten.

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DARMSTADT. Was kommt einem in den Sinn, wenn man das Wort „Digitalisierung“ hört? Die Besucher im Darmstadtium brauchten nicht lange zu überlegen. Per Smartphone schickten sie ihre Geistesblitze an die Moderatorin vorn auf der Bühne. Als riesenhafte Projektion landeten die Begriffe an der Saalwand: „Zukunft“, „Fortschritt“, „Vernetzung“, kleiner die seltener getippten Wörter: „Kultur“, „Personalabbau“, „cool“ und „Kekse“. Eine bunte Wortwolke baute sich auf. 207 Wortmeldungen zählte die Moderatorin. Nicht alle im Saal hatten mitgefunkt, aber viel mehr wären es auch nicht geworden. Rund 450 Gäste fanden am Mittwochabend ins Kongresszentrum, wo das „große Bürgerevent Digitalstadt-Arena“ aufgesetzt wurde, wie die Veranstalter es nannten.

Wunschzettel:  „Schnelles WLAN kostenlos“, „Privatheit“, „weniger Technophobie“ – das schreiben Bürger den Digitalstadt-Aktiven an die Wand. Foto: Loana Schnitzspahn
Auf dem Weg zur Digitalstadt: Bürger informieren sich im Darmstadtium über den Nutzen der ersten Projekte. Foto: Loana Schnitzspahn

Dass Oberbürgermister Jochen Partsch (Grüne) in seiner Ansprache sagte, man dürfe „nicht diejenigen Bürger verlieren, die offline sind“, könnte manchem digitalen Aktivisten zu denken gegeben haben. Sehr oft beschworen Politiker, Forscher und Wirtschaftsleute an diesem Abend den „aktiven Bürger“, der sich einbringen müsse. „Partizipation ist unser Leitmotiv“, sagte Partsch. Mathias Samson, Staatssekretär des Hessischen Innenministeriums, schlug in die gleiche Kerbe.

Digitalisierung sei „kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Gestaltung gesellschaftlicher Fragen“, sagte Samson. Das Land schaue genau auf das, was sich in Darmstadt entwickle. Es könnte „eine Blaupause sein für das, was wir landesweit ausrollen werden“.

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An den Infoständen tummelten sich freilich vor allem jene, die in die Projekte und Prozesse der Digitalstadt-Initiative schon eng eingebunden sind. Ein Großteil der Gäste vertrat Firmen oder Einrichtungen wie die TU und das Klinikum, dazu kamen Mitarbeiter der Stadt und der Digitalstadt GmbH. Mehr als drei Viertel der Saalgäste gab an, „passionierter Anwender“ oder „digitaler Enthusiast“ zu sein. An den rund zwei Dutzend Ständen das gleiche Bild: Das digitale Darmstadt war unter sich. Dabei gab es auch für interessierte Laien viel zu entdecken – die oft angemahnten konkreten Anwendungen wurden im Dutzend vorgeführt. Rund 30 Projekte sind derzeit am Laufen.

So wurde an diesem Abend das „Servicekonto Hessen“ freigeschaltet. Stadt, Land und eine private Firma haben den elektronischen Briefkasten entwickelt. Dienste der Verwaltung sollen damit übers Internet erledigt werden.

Die Darmstädter können jetzt auf diesem Weg das Standesamt erreichen, um beispielsweise eine Geburtsurkunde anzufordern. Auch das Anwohnerparken kann so beantragt werden. Die Vision: „Bis 2021 könnten wir 500 Prozesse auf diesem Weg anbieten“, erklärte Bertram Huke, Geschäftsführer der ausführenden Firma ekom21.

Das Klinikum stellte seine „digitale Gesundheitsakte“ zur Diskussion. Im nächsten Jahr sollen dort die Daten der Patienten gesammelt werden. Der praktische Arzt oder eine weiterbehandelnde Klinik könne darauf rasch zugreifen – immer „vorausgesetzt, dass der Patient zustimmt“, sagt Sprecherin Jana Wondra.

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Geschmeidiger durch den Stadtverkehr rollen

Das Straßenverkehrsamt zeigte, wie es Ampelschaltungen digital darstellen kann, „alles in Echtzeit“, wie ein Mitarbeiter erklärte. So weit sei noch keine andere Kommune. Frage eines interessierten Bürgers: „Was bringt das?“ Antwort: „Die Daten stellen wir zur Verfügung, damit über Apps in Zukunft das autonome Fahren unterstützt wird.“ Irgendwann soll man damit geschmeidiger von Ampel zu Ampel rollen.

Mehr Projekte: Das Stadtarchiv stellt viele Dokumente elektronisch zur Verfügung. Die Landesbibliothek ebenfalls. Sensoren messen fürs Umweltamt Schadstoffe in der Luft, für den EAD den Pegelstand von Mülltonnen – Projektname: „Smart Waste“, schlauer Abfall.

Was die Bürger sich bis dahin wünschen, sind eher die einfachen Dinge des Lebens. Auf bunten Klebezetteln hingen sie am Ende an den Wänden des Kongresshauses: „Führerschein“, „Perso“ und „dass meine Daten mir gehören“.