Fachämter haben die ersten Lärmquellen für das „Brummton-Phänomen“ in Darmstadt beseitigen können. Ein weiterer Faktor steht im Fokus, tieffrequente Immissionen zu erzeugen.
DARMSTADT. Es dringt als tiefes Brummen in Wohnungen vor und dröhnt dort in Ohren und Körpern der Betroffenen, die das nervt und quält, schlimmstenfalls kaum noch schlafen lässt oder krank macht: Das sogenannte Brummton-Phänomen, die Lärmbelästigung durch tieffrequente Geräusche etwa aus Heiz- oder Lüftungsanlagen, beschäftigt Darmstadt. Wie berichtet, hat die Stadt nach gehäuften Beschwerden ab 2020 Schallmessungen im vorigen August vornehmen lassen – und inzwischen auch erste Gegenmaßnahmen ergriffen.
„Durch die städtischen Behörden wurden fünf Lärmquellen geortet und nach Rücksprache mit den Betreibern konnte die jeweilige Belästigung beseitigt werden“, teilt der städtische Pressesprecher Marcus Stippak auf Nachfrage mit. Hierbei habe es sich um teils defekte Kühlaggregate, Klimaanlagen, Heizungspumpen und Wärmetauscher auf oder an Gebäuden unter anderem der Hochschule, der Technischen Universität, des Bauvereins sowie eines Privatgebäudes gehandelt. Geortet worden seien sie allesamt im innerstädtischen Raum.
„Bei einer Liegenschaft eines öffentlichen Trägers konnten bei einer Begehung in Beisein des Umwelt- und Bauaufsichtsamts mehrere Lärmquellen lokalisiert werden“, so der Sprecher weiter. „Diese werden durch ein Schallgutachten bewertet und in eigener Zuständigkeit des Trägers bearbeitet.“ Um welchen Träger es sich handelt, wird auch auf Nachfrage nicht konkretisiert.
Seit 2020 vermehrt Lärmbeschwerden
Wie berichtet, hatten sich seit dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 – vermutlich auch wegen der sich Lockdown-bedingt einstellenden Ruhe – vermehrt Darmstädter bei der Stadt und Redaktion gemeldet und über belästigende Brummtöne geklagt. Bis zum Sommer 2021 hatte das Umweltamt gut 70 Meldungen aus dem ganzen Stadtgebiet registriert – mit einer Häufung im Martins- und Bürgerparkviertel. Deswegen wurden dort im August 2021 in drei Wohnungen Orientierungsmessungen durch einen Fachmann des Hessischen Landesamts für Umwelt Naturschutz und Geologie (HLNUG) beauftragt. Dabei konnte teils eine erhebliche Belästigung nachgewiesen werden.
Dass tieffrequente Schallimmissionen bundesweit ein wachsendes Problem sind, darauf weist schon länger auch das Umweltbundesamt hin. „Bei fünf Prozent der Wohngebäude in Deutschland besteht ein Konfliktpotenzial durch tieffrequente Geräusche von Wärmepumpen, Klimaanlagen und Blockheizkraftwerken“, lautete das Fazit einer 2020 veröffentlichten Studie zur „Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche in der Umgebung von Wohnbebauung“. Verstärkt werde das durch den modernen Wohnungsbau mit zunehmend dezentralen Heiz- und Lüftungsanlagen in Verbindung mit einer sich verdichtenden Besiedlung. Wenn nicht gegengesteuert werde, könnten sich die Konflikte bis zum Jahr 2030 verdoppeln.
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Mit Blick auf Darmstadt lässt das städtische Umweltamt nun wissen, dass sich seit der letzten ECHO-Berichterstattung zu dem Thema im Oktober 2021 „verhältnismäßig wenige weitere Betroffene gemeldet haben. Nämlich insgesamt ein Dutzend. Und: „Es haben sich fünf Betroffene gemeldet, die den Brummton nicht mehr wahrnehmen.“
In Zusammenarbeit mit dem Hessischen Landesamt seien nun auch in diesem Jahr vom 2. bis 29. Juni weitere punktuelle Lärmmessungen an der Heidelberger Straße vorgenommen wurden. Das Landesamt hatte diese Möglichkeit nach der ersten Messung angeboten. Der Ort ist auf Grundlage der Beschwerdedaten ausgewählt worden, es gab also dort offenbar ein besonderes Meldeaufkommen. „Die Auswertung der Messergebnisse ist in Arbeit.“
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Als Folge der ersten Orientierungsmessungen im vorigen Sommer durch das HNLUG hatte die Stadt nach Vorliegen des Nachweises tieffrequenter Geräusche von teils erheblich belästigender und grenzwertüberschreitender Qualität auch das Darmstädter Regierungspräsidium involviert, um Verdachtsmomente bei gewerblichen Anlagen weiterzuverfolgen. Doch wie Stadtsprecher Stippak hierzu mitteilt, konnte eine Bearbeitung laut RP aufgrund von längeren Ausfällen und Abwesenheiten durch pandemiebedingte Aufgaben noch nicht erfolgen.
Was die ebenfalls angekündigte, aufklärende Öffentlichkeitsarbeit zum Thema angeht, so sei die Vorgehensweise in Darmstadt unter anderem bei einer Umweltämter-Konferenz vorgestellt worden – „und stieß dort auf großes Interesse“, zwischenbilanziert Stippak. „Weitere Öffentlichkeitsarbeit zum Thema befindet sich aktuell in der Abstimmung.“