Ehemaliger Vorsitzender der DJK/SSG Darmstadt wurde verurteilt. 22 455 Euro müssen den Verein zurückgezahlt werden.
Von Marc Wickel
Bei der DJK/SSG war der Angeklagte lange Zeit Vorsitzender.
(Archivfoto: Andreas Kelm)
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DARMSTADT - Der 60 Jahre alte Angeklagte schüttelt während der Urteilsbegründung mit dem Kopf. Er ist nicht einverstanden. Das Amtsgericht hat den ehemaligen Vorsitzenden des Sportvereins DJK/SSG gerade wegen gewerblicher Veruntreuung von Vereinsgeld in Höhe von insgesamt 22 455 Euro zu einem Jahr und fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt; die 22 455 Euro, die er durch 19 Barabhebungen vom Vereinskonto erlangte, muss der Angeklagte dem Verein zurückzahlen, entschied das Gericht am Mittwoch.
Damit folgte Amtsrichterin Ute Trautmann am sechsten Verhandlungstag weitgehend dem kurz zuvor gestellten Antrag der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Moritz Teschner hatte wegen gewerblicher Veruntreuung auf ein Jahr und acht Monate Haft, auszusetzen auf Bewährung, plädiert. Verteidiger Hans-Georg Kaschel hatte hingegen zu viele Zweifel gesehen. Er fand, dass die Buchführung des Vereins unzuverlässig war und hatte auf Freispruch plädiert. Der Angeklagte hatte im letzten Wort betont, unschuldig zu sein.
„Wir haben hier viel zu viele Zufälle“, sagte Richterin Ute Trautmann in der Urteilsbegründung. Sie erinnerte daran, dass zwischen den Barabhebungen vom Vereinskonto bei der Kranichsteiner Sparkassenfiliale und den Bareinzahlungen auf das Privatkonto bei der Volksbankfiliale nur wenige Minuten lagen. Zudem seien die Beträge stets ähnlich hoch gewesen. Beispielsweise wurden am 21. September 2016 um 12.43 Uhr 1490 Euro abgehoben und 1400 Euro um 12.48 Uhr eingezahlt.
VEREINSVORSTAND
Der Angeklagte war während der ersten beiden Verhandlungstage noch Vorsitzender der DJK/SSG, da er im Dezember 2018 wiedergewählt worden war.
Ab Ende Oktober 2018 war aber klar, dass 2019 der Prozess wegen Veruntreuung beginnt. Die Ermittlungen liefen seit 2017. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 27. Juni war ein neuer Vorstand gewählt worden. (mawi)
Richterin Trautmann wies auch auf die Ermittlungen eines Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft hin. Der hatte sich die Kontobewegungen beim Angeklagten angeschaut und Muster entdeckt. Der Angeklagte habe rund 1940 Euro im Monat an fixen Zahlungen leisten müssen, einen großen Teil davon machte ein Immobilienkredit aus, so der Ermittler am Mittwoch. „Das Konto bewegte sich stets am Dispositionskreditlimit“, wies der Diplom-Kaufmann hin. „Und die Bareinzahlungen erfolgten immer dann, wenn die Überschreitung des Limits drohte.“
Weil das Konto laufend so dicht am Limit lag, wurden manche Beträge auch nicht abgebucht, zeigte der Finanzermittler anhand von regelmäßig auftauchen Abzügen in Höhe von 2,70 Euro. Das war jeweils die Gebühr für eine Rücklastschrift.
Der Angeklagte hatte die zeitliche Nähe der Transaktionen zu „Zufällen“ erklärt und weiter, dass das Geld, das er auf sein Konto einzahlte, aus einer Barreserve war. Geld, von dem die damalige Ehefrau und seine Söhne nichts gewussten hätten, weil sie das sonst ausgegeben hätten.
Die Richterin glaubte nicht, dass es dieses Bargeld gab. Denn damit hätte der Angeklagte sein Konto aus dem Minus holen, die hohen Dispozinsen sparen und sicherer den Hauskredit bedienen können, erklärte sie. „Diese Konstellation lässt nur den Schluss zu, dass der Angeklagte das Geld für sich gebraucht hat“, sagte Ute Trautmann.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, denn der Angeklagte könnte vor das Landgericht in die zweite Instanz gehen.