Das Fraunhofer SIT in Darmstadt forscht an neuen Sicherheitssystemen. Der Bund unterstützt das Projekt mit 2,9 Millionen Euro.
DARMSTADT. Die Entwicklung von Quantencomputern steckt zwar noch in den Kinderschuhen – doch IT-Giganten wie Microsoft oder Google arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung dieses auf den Gesetzen der Quantenmechanik beruhenden Rechners, der in der Lage sein wird, große Datenmengen parallel zu verarbeiten. Herkömmliche Computer wird er so an Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit um ein Vielfaches übertreffen.
Das bedeutet zugleich, dass bisherige Sicherheits- und Verschlüsselungssysteme zunehmend angreifbar werden. „Es gibt Schätzungen, nach denen die Wahrscheinlichkeit, dass in rund zehn Jahren heutige Sicherheitssysteme geknackt werden können, bereits 50 Prozent beträgt“, führte am Freitag Ruben Niederhagen vom Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) aus.
Deshalb hat ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstütztes Forschungsprojekt mit dem Namen „QuantumRISC“ unter der Federführung des SIT die Entwicklung einer Kryptografie zum Ziel, die Angriffe von Quantencomputern abwehren kann. Michael Meister, parlamentarischer Staatssekretär des BMBF, überreichte dazu am SIT-Stützpunkt in der Rheinstraße Finanzierungszusagen in Höhe von insgesamt 2,9 Millionen Euro. Das spezielle Augenmerk liegt dabei auf eingebetteten Systemen, wie sie beispielsweise für die Entwicklung autonomer Fahrzeuge verwendet werden. „Die Absicherung solch eingebetteter Systeme ist eine besondere Herausforderung“, erklärte Ruben Niederhagen, der das Forschungsprojekt leitet. Denn: Eingebettete Systeme verfügen über eher schwache Prozessor-, Speicher- und Netzwerkkapazitäten. Aktuelle Verfahren der „Post Quantum Kryptografie“ brauchen jedoch genau dies: eine große Rechenleistung oder große Speicher.
Um das SIT gruppiert sich daher ein Team von Projektpartnern aus Forschung und Industrie, das sich in den nächsten drei Jahren mit der Lösung dieses Problems beschäftigen wird. Dazu gehören die Continental AG, die Elektrobit Automotive GmbH, die Hochschule RheinMain, die in Darmstadt ansässige MTG AG, die Ruhr-Universität Bochum sowie die TU Darmstadt. Hinzu kommen externe Partner aus dem akademischen und industriellen Bereich im In- und Ausland, die dem Team beratend zur Seite stehen.
„Wir hoffen, dass gerade die externen Partner dazu beitragen, unsere Forschungsergebnisse über den Automobilsektor hinweg auf andere Anwendungsbereiche zu übertragen“, sagte Niederhagen. Denkbar sei beispielsweise der Einsatz in medizintechnischen Geräten oder Zahlungssystemen. „Es geht generell um die Sicherung komplexer Systeme und sensibler Daten.“ Darunter fielen öffentliche Infrastruktureinrichtungen ebenso wie Geschäfts- oder Staatsgeheimnisse. Michael Meister wertete die Finanzierung des Forschungsprojekts denn auch als Teil der „Daseinsvorsorge für unsere Gesellschaft.“
Der auf drei Jahre angelegte Projektablauf sieht vor, dass sich die einzelnen Partner federführend um bestimmte Themen wie die Entwicklung von Protokollen und Algorithmen, die Erstellung von Software-Bibliotheken, den Bau eines Demonstrators oder die Entwicklung von Hardware-Beschleunigern kümmern. „Wir haben ein sehr gutes Team zusammengestellt“, wertete Niederhagen das Zusammenspiel unterschiedlichster Kompetenzen. „Ich bin sicher, dass wir beim Abschluss des Projekts greifbare Ergebnisse vorlegen können.“
Beim SIT ist das QuantumRISC-Projekt in das Nationale Forschungsinstitut für angewandte Cybersicherheit (Crisp) eingebettet. Im Fokus steht dabei die automatisierte Schwachstellenerkennung von Softwareanwendungen in den Bereichen autonomes Fahren, sichere Infrastruktur von Städten sowie künstlicher Intelligenz.