Es war Sympathie auf den ersten Blick. Als die 76 Jahre alte Elvira während eines Ausflugs die sanftmütige Ponystute „Angie“ auf dem „Sonnenhof“ von Ober-Ramstadt ...
DARMSTADT. Es war Sympathie auf den ersten Blick. Als die 76 Jahre alte Elvira während eines Ausflugs die sanftmütige Ponystute „Angie“ auf dem „Sonnenhof“ von Ober-Ramstadt streicheln, striegeln und an der Leine durch den Wald führen durfte, wirkte sie völlig entspannt. „Ich erkannte sie kaum wieder“, sagt ihre Tochter Lia Holicki. Schon lange hat sie ihre demente Mutter nicht mehr so zufrieden und heiter gesehen. Die 76-Jährige gab ihr sogar Anleitungen, wie sie mit dem Tier umgehen müsse: „Nur mit flacher Hand füttern – und so musst du striegeln!“ Dabei hatte sie früher Angst vor Felltieren gehabt und wollte sie nicht einmal anfassen.
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Das war vor einem Jahr. Von da an hat Elvira, eine von zwölf Mitgliedern der Demenz-Wohngemeinschaft „Villa Mathildenhöhe“ in der Erbacher Straße, immer wieder nachgefragt: „Wann besucht mich endlich meine Angie?“ Am Sonntagnachmittag war es soweit. Doris Rode vom „Sonnenhof“, der Fahrer und eine Hundebesitzerin hatten nicht nur „Angie“, sondern auch Pony-Wallach „Lucky“ und den gutmütigen Hund „Mira“ in einen Transporter verfrachtet und auf dem Hof vor der Darmstädter Villa ausgeladen. Alles kostenlos, weil sie den WG-Bewohnern eine Freude machen wollten.
Nach dem Kaffeetrinken wurden diese von Angehörigen oder Helfern zu den vierbeinigen Besuchern gebracht, denen sich einige freudig, andere abwartend näherten. Elvira erkannte Doris Rode, „die Frau mit den Ponys“ übrigens sofort wieder und fragte: „Hast du mir mein Pony mitgebracht?“ Die WGler durften die Tiere mit den mitgebrachten Äpfeln, Bananen und Karotten füttern. „Die Ponys freuen sich, wenn sie Aufmerksamkeit kriegen“, versicherte Doris Rode. „Wir haben alles Nötige dabei, bloß die Schaufel für die Hinterlassenschaften haben wir vergessen.“
Die Demenz-WG wurde vor elf Jahren eröffnet. Seitdem organisieren die Angehörigen der Bewohner in Abstimmung mit einem Betreuungsteam und einem ambulanten Pflegeteam den Alltag der älteren Menschen. Einmal im Jahr soll jeder Angehörige der Gemeinschaft ein besonderes Event schenken, etwa gemeinsames Basteln, Kochen, Backen oder Singen. Lia Holicki kam auf die Idee mit den Ponys und hat damit nicht nur ihre Mutter einen leicht verregneten Sonntagnachmittag lang glücklich gemacht. Eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen.