Die Modernisierung der Bauverein-Wohnblöcke im Darmstädter Rhönring sorgt weiter für Diskussionen. Neben den Mieterhöhungen gibt es jetzt auch wegen differierender Kostenangaben Unmut bei den Mietern.
Von Alexandra Welsch
Mitarbeiterin Lokalredaktion Darmstadt
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DARMSTADT - Darmstadt. Schneller als gedacht schreitet die Modernisierung der 50 Bauverein-Blöcke im Rhönring voran. Mittlerweile ist der Trupp am Hahne-Schorsch-Platz angekommen und wirbelt mit Dampfstrahlarbeiten am Außenputz viel Staub auf. Doch auch hinter den Kulissen rumort es weiter. Immer eindringlicher klagen Bewohner über harsche Mieterhöhungen von 20 bis 25 Prozent, mancher Rentner ist bereits ausgezogen. Für Verwunderung sorgt nun zudem eine Kostenexplosion in jüngsten Modernisierungsankündigungen.
Von "Ungereimtheiten" in den vor kurzem verschickten Schreiben spricht Kevin Bettin von der die Sanierung kritisch begleitenden Mieterinitiative. Zwar habe der Bauverein auf einen Teil ihrer Kritik reagiert und liste nun gemäß der gesetzlichen Vorgabe detailliert die Kosten für die einzelnen Arbeiten auf - inklusive des Modernisierungsanteils, der auf die Mieter umgelegt werden darf. Doch hätten sich die Beträge gegenüber den bisherigen Ankündigungsschreiben "vervielfacht".
Wohnungstüren für 160 000 Euro
Für eines der nächsten Häuser sei ein Modernisierungskostenanteil von 800 000 Euro angegeben, während dieser für Bettins bereits fertiges Haus in einem Schreiben 2016 mit 250 000 Euro beziffert worden war. So seien die Kosten für die neuen Wohnungstüren für einen Block von damals knapp 33 000 Euro auf nun 160 000 Euro angestiegen. "Es ist ganz komisch."
DENKMALGESCHÜTZTTE WOHNBLÖCKE
Laut der Bauvereins-Vorstandsvorsitzenden Sybille Wegerich geht es mit der 2016 begonnenen Modernisierung und Sanierung der 50 denkmalgeschützten Buxbaum-Wohnblöcke aus den 1920er Jahren schneller voran als geplant, weil ein anderes Projekt in der Postsiedlung verschoben werden musste. Statt wie angedacht im Jahr 2021 könnte die Großsanierung vielleicht bereits 2020 fertig werden.
Die Durchschnittsmiete dort liege derzeit bei 7,24 Euro pro Quadratmeter und nach der modernisierungsbedingten Erhöhung bei 8,87 Euro, das sei knapp unter der stadtweiten Durchschnittsmiete von 8,90 Euro pro Quadratmeter. (alex)
Auch Regina Kamm vom Mieterbund findet es "auffällig, dass die Kosten für dieselben Maßnahmen jetzt viel höher sein sollen". Da der Bauverein indes weiterhin die Mieterhöhung auf 1,50 Euro pro Quadratmeter begrenze, lege er rein rechnerisch nur noch fünf Prozent der nun höheren Modernisierungskosten auf die Mieter um statt der bisher nahezu elf Prozent - dem gesetzlich möglichen Maximum. Mieter Bettin vermutet dahinter eine "unlautere Methode", um sich sozialer darstellen zu können. "Da müsste man mal eine Rechnungsprüfung einleiten", findet der Wirtschaftsstudent.
Was sagt die Bauverein AG zum Kostenanstieg? Vorstandsvorsitzende Sybille Wegerich nennt auch die konjunkturbedingte Steigerung der Baukosten um vielleicht 20 Prozent. "Aber Türen für 160 000 Euro wundern mich jetzt auch." Die Kollegen hätten bei den alten Ankündigungen offenbar "falsch gerechnet". Es sei gut, dass die Schreiben nun transparenter sind und "sich der Bauverein der Diskussion stellt". Das betreffe auch den Kritikpunkt, ob die prozentuale Aufteilung der vom Eigentümer zu tragenden Sanierungskosten und der auf den Mieter umlegbare Modernisierungsanteil gerechtfertigt sei. "Notfalls muss noch mal ein Richter drüberschauen."
Die größten Sorgen macht Birgit Münk von der Mieterinitiative indes der enorme Anstieg der Mieten, die viele Bewohner der Bauverein-Blöcke in Not bringe. Ihre Grundmiete sei schon vor der Modernisierung alle zwei Jahre auf Mietspiegelniveau erhöht worden - in Münks Fall von 464 Euro im Jahr 2010 auf heute 713 Euro, und das ohne jegliche Investition. Wenn da jetzt ein altes Mütterchen 100 Euro mehr zahlen müsse, "ist das viel Geld".
Bauverein-Vorstandchefin Wegerich räumt das ein: "Wir haben sehr viele Mieter, die Anspruch auf Transferleistungen hätten." Den Anteil schätze sie auf 70 Prozent. Sie wolle man in Kooperation mit der Stadt im Rahmen eines individuellen Gesprächs bestärken, beim Amt für Wohnungswesen Hilfe zu beantragen. "Viele schämen sich, aber es ist keine Schande." Auch versuchten sie, älteren Mieter in großen Wohnungen kleinere und seniorengerechtere anderswo anzubieten. "Das ist keine Verdrängung", befindet sie. Vielmehr suche man nach einer besseren Lösung für den einzelnen.
Die Forderung, die Mieten insgesamt weniger zu erhöhen, hält sie für realitätsfern. Der Mietspiegel gebe den Marktpreis vor, der im Übrigen auch ohne Modernisierungen stetig steige im dynamischen Darmstadt. "Ich muss auch auf das Vermögen meines Unternehmens achten." Denn so sicherten sie, dass weiter in Wohnraum investiert werden könne. "Und ich bin der Meinung, menschenwürdiges Leben braucht einen adäquaten Wohnungsbestand."