Millionen Dieselfahrer warten gebannt darauf, wie die Fahrverbote in Hessen ausfallen. Für Darmstadt soll dies - erstmals in Deutschland - in einem Vergleich geklärt werden.
DARMSTADT. Ein Diesel-Fahrverbot für Darmstadt ist hochwahrscheinlich - der Umfang aber noch unklar. Erstmals versuchen sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) mit einer Landesregierung darüber außergerichtlich zu einigen. Die Gespräche von VCDund DUH mit den - von den Grünen geführten - Ministerien für Umwelt und Verkehr beginnen am kommenden Freitag (7. Dezember) in Wiesbaden.
Am 19. Dezember verkündet das Verwaltungsgericht der Landeshauptstadt dann entweder die Einigung. Oder wenn diese nicht gelingt doch ein Urteil. Ziel ist die Einhaltung des europäischen Grenzwertes von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter Luft bis Anfang 2020.
Ob auch Vertreter des grün-schwarz regierten Darmstadt mit am Verhandlungstisch sitzen, stand zunächst noch nicht fest. Darüber wollen die Grünen in Land und Stadt Anfang der Woche sprechen. Der grüne Oberbürgermeister von Darmstadt, Jochen Partsch, pocht auf eine Beteiligung - es knirscht aber zwischen dem starken Darmstädter Verband der Grünen und der Landespartei. Die Darmstädter Grünen fühlen sich von ihren Parteifreunden im Land nicht ausreichend gehört, obwohl sie maßgeblich zu deren Erfolg bei der Landtagswahl beigetragen haben.
EinSprecher der Landes-Grünen in Wiesbaden erklärt dagegen: "Die Darmstädter Grünen sind als starker Kreisverband eine tragende Säule der hessischen Grünen. Daran ändert sich nichts." Das Gerichtsverfahren habe damit nichts zu tun.
Die Grünen in Wiesbaden und Frankfurt loben die Zusammenarbeit mit den Parteifreunden auf Landesebene. Das Problem sei eher, dass das SPD-geführte Verkehrsdezernat in Frankfurt nicht genug gemacht habe, um flächendeckende Fahrverbote zu verhindern, sagt die grüne Umweltdezernentin Rosemarie Heilig.
Das Umweltministerium hatte - gegen den Willen der Stadt Darmstadt - bei der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden am 21. November ein Fahrverbot für die Darmstädter Hügelstraße/Citytunnel und eine Einbahnstraßenregelung für eine wichtige Ausfallstraße (Henrichstraße) vorgeschlagen. Weitgehend übernommen hatte es zudem die rund 200 Maßnahmen, die die Stadt in einem "Green-City-Plan" festgelegt hat.
Nach Einschätzung der Stadt reicht dieser Plan, um bis 2020 den Grenzwert einzuhalten. Dabei geht sie von zuletzt 48 Mikrogramm für das laufende Jahr im Mittel aus. Der Knackpunkt liegt aber in dem Messwert von 72 Mikrogramm eines sogenannten Passivsammlers an der Ausfahrt des Citytunnels. Dieser Wert macht die Luft in Darmstadt zur drittschlechtesten in Deutschland. Die Stadt bezeichnet diese Messstelle als nicht aussagekräftig. Damit stand sie aber bei der Gerichtsverhandlung allein auf weiter Flur.
Auch die am Freitag vom Bundesumweltministerium angekündigte Überprüfung der Standorte der Stickoxid-Messstellen dürfte daran nichts ändern. Denn: "In Hessen wurden die Standorte von Luftmessstationen, die für mögliche verkehrsregulierende Maßnahmen relevanten sind, im Frühjahr 2018 überprüft", berichtet das Umweltministerium.
Vor den Gesprächen würden bereits Daten zwischen dem Umweltministerium und den Klägern DUHund VCDausgetauscht, heißt es in Wiesbaden. Zum Umfang seines Verhandlungsmandats und den Vorbereitungen der außergerichtlichen Verhandlungen äußerte sich das Umweltministerium nicht.
Die Einbahnstraßenregelung für die Heinrichstraße dürfte nach der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom Tisch sein und stattdessen eher ein Fahrverbot kommen. Aber selbst damit ist noch offen, ob der Grenzwert bis Ende 2019 überall in der Stadt eingehalten wird. Dafür fehlten bei der Verhandlung verbindliche Messwerte. Der Geschäftsführer des VCD, Heiko Nickel, hatte unmittelbar nach der Gerichtsverhandlung gesagt: "Es sollte in jedem Fall auf eine Kernzone hinauslaufen."
Von red